Kirchenrecht. 465
Die Superintendenten (Prädikat: Hochwürden) führen auf den Kreis(Diözesan-ssynoden den
Vorsitz, versammeln (Baden, Württemberg) die sämtlichen Geistlichen ihres Dekanats zu Pfarr-
konferenzen und Pfarrsynoden behufs Behandlung wissenschaftlicher und praktischer Fragen
sowie Besprechung von geistlichen Bemfs= und Standesangelegenheiten, ordinieren, leiten
die Pfarrwahlen, treffen Interimsanordnungen (bei Behinderung oder Vakanzen) und visi-
tieren die ihnen untergebenen Pfarrer und Gemeinden. Norddeutsche Kirchen (besonders die
größeren, aber unter anderem auch Braunschweig, Sachsen-Koburg, Lippe ref. und Schaum-
burg-Lippe und als bloßen Titel z. B. Anhalt, Altenburg, Reuß jüngere Linie), aber auch süd-
deutsche (z. B. Württemberg) kennen in neuerer Zeit auch wieder das Amt eines General-
superintendenten (Alpreußen, je drei für Brandenburg ([davon einer für Berlin] und Sachsen,
sonst für jede Provinz — § 109 — regelmäßig einer; Hessen drei; Nassau einer; Schleswig-
Holstein zwei; Hannover, ein reformierter? und vier lutherische 3; Württemberg sechs,
die das Konsistorium zum Synodus verstärken, Sitz im Landtag und gleich dem Oberhof- und
dem Stiftsprediger den Titel Prälat" haben). Sie sitzen meist zugleich in den Provinzial-
konsistorien bzw. in der einzigen Landeskirchenbehörde, und zwar mit dem Recht, falls sie über-
stimmt werden, die betreffende Sache an den Oberkirchenrat zu bringen, haben die Aufsicht
über ihre Bezirke (Provinzen) und deren Superintendenten, sollen diese und deren Pfarreien
visitieren und über sie berichten, führen die Superintendenten ein und ordinieren mancherorts
auch die Pfarrer, wohnen den (Provinzial-, Synoden bei mit dem Recht, auf ihnen das Wort
zu nehmen und Anträge zu stellen, und sind mancherorts auch geborene Mitglieder der Landes-
(General-)synode. Ihre Amtstracht ist ein schwarzer Talar mit silbermem Brustkreuz s; in Alt-
preußen haben sie den Rang der Räte 2. Klasse.
Friedberg, BR. 5 18; Schoen, Pr. Kr. 1 321, II 171; W. J. Schmidt, Der Wirkungs-
kreis und die Wirkungsart der Superintendenten, 1837; Gebser, Die Verwaltung des Ephoral-
amtes in den sieben östlichen Provinzen der preußischen Monarchie, 1913.
Außerhalb der ordentlichen landeskirchlichen Organisation (aber mit Sitz und Stimme
im preußischen Oberkirchenrat) als ausführende Stelle des Ministeriums der geistlichen An-
gelegenheiten, des Kriegsministeriums und des Evangelischen Oberkirchenrates steht in einer
Art Generalsuperintendentenstellung der vom König frei emannte evangelische Feldprobst für
das preußische Landheer, die kaiserliche Marine und die Schutztruppen. Er ist gleichfalls Auf-
sichts- und Visitationsorgan und versammelt alle Jahre eine Konferenz der Militäroberpfarrer
(24, bei jedem Armeekorps bzw. Geschwader einer), die in Superintendentenstellung (in den
altpreußischen Provinzen mit Sitz und Stimme in den Konsistorien und dem Titel Konsistorial-
rat) über den Militärgeistlichen der Armeekorps und Geschwader (über 100) stehen und sie
jährlich zu einer Militärpfarrkonferenz einberufen. Der Feldprobst ermennt, versetzt und ent-
oder als gemeinschaftliches Oberamt zum Zweck der Beaufsichtigung der Gemeinden und Kirchen-
vorstände, aber auch der Einführung der Geistlichen tätig. Zimmermann, Die Entwicklung
der Kircheninspektionen, Beitr. z. Sächs. Kg., 16. H., 1903; Martens, Die hannoversche Kirchen-
kommission (39, 2). Für die sächsische Oberlausitz, wo es keine Ephoren oder Superintendenten
git, besorgt die Kreishauptmannschaft in Bautzen, verstärkt durch ein von den in evangelicis
eauftragten Ministern ernanntes geistliches Mitglied gewissermaßen als nichtformiertes Konsistorium
zugleich die Konsistorial-und die Inspektionsgeschäfte, während in den Bierstädten mit letzteren
Stadtrat und Pastor primarius als Inspektion betraut sind.
: Der brandenburgische Generalsuperintendent der Neumark hat in dem ersten Geistlichen
zu K# 3 Stellvertreter als Vizegeneralsuperintendenten für die Lausitz.
* In Aurich.
Z * In Hannover, Stade und Hildesheim für den Bezirk des hannoverschen Provinzialkonfisto-
riums und in Aurich beim dortigen Konsistorium, das übrigens zugleich Kirchenregimentsbehörde
für die lutherische Kirche (unter dem Landeskonsistorium) und für die reformierte (direkt unter
em Kultusminister) ist. Im Bezirk des Konsistoriums zu Frankfurt a. M. gibt es weder einen
Generalsuperintendenten noch einfache Superintendenten.
* In Baden ist der Prälat einfach der erste Geistliche des Landes. Im Großherzogtum Hessen
führen die drei den Dekanen vorgeordneten Generalsuperintendenten bloß den Titel Superintendent.
Die Generalsuperintendenten, denen im Lauf des 19. Jahrhunderts von den preußischen
Königen der Bischofstitel verliehen worden ist, trugen das Kreuz in Gold und hatten das Prädikat:
Hochwürdiger. 1829 hat Friedrich Wilhelm III. den Königsberger Generalsuperintendenten
Borowsky sogar zum Erzbischof ernannt. Nicolovius, Die bischöfliche Würde in Preußens
evangelischer Kirche, 1834; Schoen, Pr. Kr. I1 75 A. 1 und 278 A. 3.
Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band V. 30