Kirchenrecht. 469
Außer der Begutachtung der Vorlagen der kirchlichen Behörden und der Einreichung von An-
trägen zur Förderung des kirchlichen Lebens liegt ihnen ob die Aufsicht über die Anstalten für
christliche Liebeswerke, die Ausfsicht oder Mitaussicht über die Geistlichen, Altesten und anderen
Kirchendiener, die Aufsicht über die Verwaltung des Kirchenvermögens und die Verteilung
der Beiträge der Gemeinden zur Synodalkasse. Ihre Beschlüsse bedürfen in Altpreußen kon-
sistorialer Bestätigung. Der Kreissynode entspricht ein Kreissynodalverband. Er hat in Alt-
preußen juristische Persönlichkeit (jedoch ohne passive Darlehnsfähigkeit 1) und wird bei nicht-
versammelter Kreissynode durch den Kreissynodalvorstand vertreten, d. h. durch den Super-
intendenten als Vorsitzenden und vier von der Synode gewählte Beisitzer, worunter mindestens
ein Geistlicher; er hat mitunter auch bei der Visitation mitzuwirken.
2. Die Provinzials ynode, eine mittlere Synodalvertretung, findet sich nur
in Altpreußen, Rheinland und Westfalen. Sie tritt alle drei Jahre zusammen und besteht:
1. aus den von den Kreissynoden oder Synodalverbänden der Provinz gewählten Abgeordneten;
ihre Zahl beträgt das Dreifache der Wahlkreise der Provinz, weil in jedem Wahlkreis ein Ab-
geordneter aus den Geistlichen, ein zweiter aus den zeitigen oder ehemaligen Mitgliedern der
Gemeinde- oder Synodalkörperschaften und (nicht in Rheinland und Westfalen!) ein dritter
von den an Seelenzahl stärkeren Kreissynoden aus den angesehenen, kirchlich erfahrenen und ver-
dienten Männern der Provinz zu wählen ist, 2. aus einem von der theologischen Fakultät der
Provinzialuniversität deputierter ordentlichen Professor, 3. aus landesherrlich emannten Mit-
gliedern, deren Zahl aber ein Sechstel der erstgenannten Abgeordnetenkategorie nicht über-
steigen darf. Im Gegensatz zu der bloß begutachtenden Stellung der Diözesansynode hat die
Provinzialsynode ein Zustimmungsrecht zum Erlaß von Provinzialkirchengesetzen 3, zur Ein-
führung von Religionslehrmitteln, Gesangbüchern und Agenden der Provinz, zu kirchlichen
Provinzialumlagen. Auch hat sie zwei bis drei Abgeordnete zu den theologischen Prüfungen
zu deputieren. Der Provinzialsynode entspricht ein Provinzialsynodalverband mit juristischer
Persönlichkeit (ohne passive Darlehnsfähigkeit). Er wird vertreten durch das Konsistorium und
den Provinzialsynodalvorstand, d. h. den gleichzeitigen Synodalpräses und höchstens sechs, zur
Hälfte geistliche, zur Hälfte weltliche Mitglieder; die Vorstandsmitglieder verstärken bei be-
stimmten Anlässen als außerordentliche Beisitzer mit vollem Stimmrecht das Konsistorium.
3. Die General= oder Landessynode tritt ordentlicherweise alle sechs Jahre
zusammen. Sie findet sich auch in den außerpreußischen Landeskirchen mit gemischter Organi-
sation und besteht in Altpreußen 1. aus 151 (Baden 48) von den Provinzialsynoden gewählten
Mitgliedem (nicht unter 30 Jahren), von jeder Provinzialsynode eine der Seelenzahl des Pro-
vinzialverbandes entsprechende Anzahl, und zwar ein Drittel aus den Geistlichen der Landes-
kirche, das zweite aus zeitigen oder ehemaligen Mitgliederm der Synodal= oder Gemeindeorgane
und das dritte aus angesehenen, kirchlich erfahrenen und verdienten Männem der Landeskirche
(in Baden 24 geistliche, gewählt von den Geistlichen der Diözesansynode, und 24 weltliche, ge-
wählt in jeder Diözese von Wahlmännem, welche die Kirchenältesten zu diesem Zweck bestellen),
2. aus je einem deputierten ordentlichen Professor der sechs evangelisch-theologischen Fakultäten
der Landesuniversitäten, 3. aus sämtlichen Generalsuperintendenten (in Baden dem Prälaten),
und 4. aus 30 landesherrlich emannten Mitgliederm (in Baden 7, darunter ein Heidelberger
Theologieprofessor, so daß die zweite Kategorie hier wegfällt). Die Generalsynode hat das
Recht, zu landeskirchlichen Gesetzen zuzustimmen, sofern diese betreffen: die kirchliche Lehr-
freiheit, die Verpflichtung der Geistlichen auf das Bekenntnis bei der Ordination, die Einführung
ach Der Berliner Stadtsynodalverband ist aber ausdrücklich auch zur Aufnahme von Anleihen
ermächtigt.
* Veränderungen der revidierten Kirchenordnung von Rheinland und Westfalen können
von den Provinzialsynoden dieser Provinzen allein beschlossen und durch bloße Bestätigung der
Kirchenregierung in Kraft gesetzt werden. Wird diese Kirchenordnung durch ein beabsichtigtes
lande kirchliches Gesetz betroffen, so müssen die beiden genannten Provinzialsynoden erst gut-
achtlich gehört werden, während es sonst (außer bei Einführung agendarischer Normen, für die im
ganzen Bereiche der altpreußischen Landeskirche geradezu die Zustimmung der betreffenden Pro-
vinzialsynode erforderlich ist) von dem Ermessen der Kirchenregierung abhängt, ob sie zuvor die
Provinzialsynoden gutachtlich anhören will. Und wenn beide Synoden übereinstimmend sich
ablehnend verhalten, so bleiben die beiden Provinzen von dem Geltungsbereiche der betreffenden
landeskirchlichen Vorschrift ausgenommen (# 10 der GS0O.).