506 Paul Heilborn.
den auswärtigen Verkehr; in ihm wirken sie nicht mit: sie geben fremden Staaten gegenüber
keine Willenserklärungen ab, handeln nicht für den Staat.
II. Die Person des Staatshaupts. Sie wird von jedem Staat selbst be-
stimmt; deshalb sind verschiedene Möglichkeiten denkbar; insbesondere kann auch eine gesetz-
gebende Körperschaft zum völkerrechtlichen Staatshaupt gemacht werden; es ist gegenwärtig
nicht der Fall.
A. In Monarchien ist der Monarch Staatshaupt. Er ist es aus eigenem Recht, immer
und notwendig, solange er überhaupt regiert. Die Bezeichnung des Monarchen als Souverän
weist auf die Anschauungen früherer Zeiten zurück. Die Souveränität steht nicht ihm, sonderm
dem Staat zu. Ist der Monarch an der Regierung behindert, so tritt ein Regent an seine Stelle.
Die Handlung der Regenten ist Staatshandlung wie die des Monarchen und ohne Rücksicht
auf dessen Willen. Von der Titulatur abgesehen, hat er auch persönlich die nämliche Stellung
wie der Monarch.
B. In Republiken ist Staatshaupt entweder eine physische Person — Präsident, oder
wie sie sonst heißen mag — oder ein Kollegium, d. h. die ideale Einheit einer Mehrheit von
Menschen.
1. Der Präsident steht als völkerrechtliches Staatshaupt dem Monarchen gleich. Die
zeitliche Beschränkung seiner Regierung ist ebenso unerheblich wie die staatsrechtliche Unter-
ordnung unter ein Parlament. Es macht nichts aus, ob er für seine Amtshandlungen staats-
rechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann, ob er bei der Gesetzgebung mitwirkt oder nicht.
2. Die kollegiale Behörde ist als solche Staatshaupt: in der Schweiz der Bundesrat, in
den deutschen Hansestädten die Senate. Die Mitglieder des Kollegiums einschließlich des Vor-
sitzenden haben nicht die Stellung eines Staatshaupts. Dem Ausland gegenüber sind sie — je
nach der Art ihres Auftretens — Staatsbeamte oder Privatpersonen. Nicht ihr Wille ist der
Wille des Staats, sondern der verfassungsmäßige Beschluß des Kollegiums.
III. Wechsel in der Person des Staatshaupts. Ein neues Staatshaupt
notifiziert seinen Regierungsantritt regelmäßig den auswärtigen Staatshäuptem. Hiervon
nehmen diese Akt, indem sie ihm zum Regierungsantritt förmlich gratulieren. In gleicher Weise
wird beim Beginn einer Regentschaft verfahren. Beide Handlungen — die Notifikation des
Regierungsantritts und die Aktnahme — haben rechtliche Bedeutung: durch sie wird die Legiti=
mation des neuen Staatshaupts als völkerrechtliches Organ des Staats festgestellt.
Die Zuständigkeit zu völkerrechtlichem Handeln für den Staat bedarf allerdings nicht der
Anerkennung fremder Staaten; denn jeder Staat bestimmt sein Oberhaupt selbst. Die staats-
rechtliche Berufung zur Herrschaft beweist aber deren Ergreifung völkerrechtlich noch nicht. Die
fremden Staaten müssen wissen, wer fortan für jenen Staat handeln werde. Hat ein Staat
von der Notifikation einmal Akt genommen, so kann er Unkenntnis nicht mehr behaupten.
Anderseits verleiht die Aktnahme fremder Staaten dem neuen Herrscher keine Legitimität.
Nicht die Rechtmäßigkeit, sondeim die Tatsache seiner Regierung und deren völkerrechtliche Wirk-
samkeit wird anerkannt. Ob ein neues Staatshaupt auf gesetzlichem oder revolutionärem Wege
zu seiner Stellung gelangt, ist innere Staatsangelegenheit und deshalb völkerrechtlich ohne
Bedeutung.
Auf die Notifikation des Regierungsantritts hin ist die Aktnahme Pflicht, wenn der Staat,
von dessen neuem Oberhaupt die Notifikation ausgeht, Völkerrechtsgenosse ist, auch kein Zweifel
über die tatsächliche Nachfolge besteht. Ein Entscheid zwischen Prätendenten kann von dritten
Staaten nicht gefällt werden. Der Ausbruch einer Empörung ist innere Staatsangelegenheit
und entzieht dem bereits regierenden Staatshaupt die Fähigkeit zu völkerrechtlichem Handeln
für den Staat solange nicht, als es überhaupt noch regiert. Erst mit tatsächlicher Absetzung oder
Abdankung erlischt seine Organstellung, dann aber notwendig. Der Staat kann nicht zwei ver-
schiedene, einander feindlich entgegengesetzte Staatshäupter haben.
IV. Die Zuständigkeit des Staatshaupts. Das Staatshaupt hat das
jus repraesentationis omnimodae, d. h. es ist zuständig zur Vomahme aller völkerrechtlichen
Handlungen, welche für den Staat — je nach seiner Rechts= und Handlungsfähigkeit — über-
haupt vorgenommen werden können; sie sind Staatshandlungen, wenn sie vom Staatshaupt