Völkerrecht. 509
recht geregelt, sofern er nicht vorübergehend zu einer Mission bei einem fremden Staat be-
glaubigt wird (Berliner Kongreß 1878). Er hat seinen Amtssitz in der Hauptstadt des Heimat-
staats. Gesandte, Konsuln und Halbdiplomaten haben ihn dagegen stets im Empfangstaat.
Ihre persönliche Stellung zu diesem bestimmt sich nach Völkerrecht (§5 31 ff.)
Zweites Kapitel. § 12. Die Objekte.
Literatur. ArchOffR. 22 416; 8 VölkR. 1 579, 2 1; Rev. 43 5, 131, 539; Rov. Gön.
15 50, 16 57, 18 94, 19 598.
Objekte völkerrechtlicher Rechte sind die der Herrschaft der Subjekte — der Staaten —
unterworfenen Dinge und Wesen. Staatlicher Herrschaft sind unterwerfbar:
1. Teile der Erdoberfläche: Festland, Inseln, Flüsse, Binnenseen und der Saum des
Meeres längs der Küste. Dieser Saum kann höchstens auf Kanonenschußweite vom Ufer aus
erstreckt werden, weil nur so eine dauernde tatsächliche Herrschaft über das Meer möglich ist.
Im 18. Jahrhundert trugen die Kanonen drei Seemeilen (5556 m) weit. Gegenwärtig wird
der Saum nach Seemeilen berechnet, und zwar meist noch auf drei Seemeilen. Der jenseits
gelegene Ozean ist res extra commercium: kein Staat kann ein Recht an ihm erwerben, andern
Staaten den Gebrauch untersagen. Das offene Meer oder die hohe See ist frei; sie untersteht
auch nicht einem gemeinsamen Recht, einem Kondominat aller Staaten. Die früher von
einzelnen Staaten, namentlich von England, erhobenen Ansprüche sind ausgegeben. Nur ver-
tragsmäßig können sich Staaten zu Leistungen auf hoher See verpflichten; ein Recht am Meere
erlangt die Gegenpartei dadurch nicht.
2. Die Menschen. Sie sind staatsrechtlich Rechts-- und Pflichtsubjekte. Die Normen
des Völkerrechts wenden sich aber nicht an sie, gewähren ihnen keine Rechte, gebieten und ver-
bieten ihnen nichts. Sie regeln die Beziehungen der Staaten zueinander. In diesen Be-
ziehungen ist der Mensch das Objiekt staatlicher Herrschaft und staatlichen Schutzes, denn der
Berechtigte darf das seiner Herrschaft unterstellte Objekt gegen rechtswidrige An- und Eingriffe
schützen. In dem völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Staat handelt es sich
immer um die Frage: Welche Einwirkung auf den Menschen darf der eine Staat dem anderen
verbieten, welche muß er hinnehmen? In den Staatsverträgen räumen freilich die Parteien
den Untertanen des Mitkontrahenten scheinbar eine Reihe von Rechten ein. In Wahrheit er-
langt aus solchem Vertrage nur der andere Staat den völkerrechtlichen Anspruch auf entsprechende
Behandlung seiner Angehörigen, auf Gewährung staatsrechtlicher Rechte an sie. Die Rechte
des Menschen gegen einen fremden Staat mögen in Erfüllung einer völkerrechtlichen Verbindlich-
keit gegen den Heimatstaat gewährt sein; sie werden aber nur gewährt durch das Landesrecht
des fremden Staats, sind deshalb innerstaatlicher Natur. Gegen rechtswidrige Behandlung
stehen mithin dem Ausländer lediglich die Rechtsmittel zu Gebote, welche das Landesrecht des
fremden Staats gewährt. Die völkerrechtlichen Rechtsmittel kann allein der Heimatstaat er-
greifen. Dazu ist er völkerrechtlich berechtigt, aber nicht verpflichtet. Auf die völkerrechtlichen
Ansprüche zugunsten seiner Untertanen kann er nach freiem Belieben verzichten.
Drittes Kapitel: Die Nechtsgeschäfte.
8§ 13. 1. Allgemeine Erfordernisse.
Literatur. Neubecker: Zwang und Notstand in rechtsvergleichender Darstellung 1,
Leipzig 1910; Grosch: Der Zwang im Völkerrecht, Breslau 1912.
Völkerrechtliches Rechtsgeschäft ist die auf Begründung, Abänderung, Erhaltung oder
Aufhebung eines völkerrechtlichen Rechts gerichtete Willenserklärung. — Zur Vomahme eines
Rechtsgeschäfts ist erforderlich:
1. Rechtsfähigkeit, d. h. Fähigkeit des Staats zum Erwerb des konkreten Rechts, zur Uber-
nahme der speziellen Verbindlichkeit (67 .