514 Paul Heilborn.
1911; Hazeltine: The law of the air, London 1911; Kohler: Luftfahrtrecht, Berlin 1912; Koehne:
Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungsrechts 2 (2) 796; ArchOffR. 19 87, 24 190,
477, 28 252; AnnDR. 1909 181; 8 Bölk R. 4 472, 588, 5 157, 394; BöhmsB. 19 458; Rev. Gén.
16 76, 17 55, 163, 18 473, 684.
Die Gebietshoheit des Staats muß notwendig Land und Luftraum umfassen; sie kann
sich auch auf Wasserraum erstrecken.
I. Das Landgebiet eines Staats besteht aus den seiner Gebietshoheit unter-
worfenen Ländern, Festland und Inseln. Geschlossenheit ist nicht erforderlich. Zum Staats-
gebiet im völkerrechtlichen Sinne gehören auch Kolonien, Schutzgebiete in fremden Weltteilen,
vorausgesetzt, daß die Gebietshoheit über sie begründet, nicht nur ein Vorrecht vor einzelnen.
anderen Staaten durch Vertrag erworben ist (§ 22, 5). Ob die Kolonien staatsrechtlich als In-
land oder Ausland, ihre Bewohner als Staatsbürger oder als Fremde angesehen werden, ist
ohne Belang. Zum Landgebiet gehört ferner das Erdinnere, begrenzt durch die von den Staats-
grenzen aus laufenden Erdradien.
II. Das Wassergebiet besteht aus Eigen- und Küstengewässern:
A. Eigengewässer sind die Flüsse, Süßwasserseen und Binnenmeere (Kaspisches Meer),
femer Meeresbuchten und -busen, Reeden und Haffe, überhaupt diejenigen Teile des Meeres,
„deren Einfahrt so eng ist, daß sie vom Küstenland aus gesperrt werden kann“ (Asowsches Meer).
B. Die Küstengewässer werden durch den gewöhnlich auf drei Seemeilen bemessenen
Saum des Meeres längs der Küste und vor den Eigengewässern gebildet.
Wie das Landgebiet dient auch das Wassergebiet zur Entfaltung staatlichen Lebens; natur-
gemäß ist sie auf jenem intensiver als auf diesem. Ein weitgehender Unterschied zwischen Land-
und Wassergebiet zeigt sich im Kriege. Die Regeln des Seekriegsrechts finden auf Kriegs-
handlungen im Wassergebiet wie auf hoher See, aber nicht auf Flüsse (abgesehen von der Meeres-
mündung) und die nur mittels Flußschiffahrt zugänglichen Binnengewässer Anwendung.
III. Das Luftgebiet umfaßt den Luftraum über dem Land- und Wassergebiet.
Zu Unrecht folgern namentlich romanische Autoren die Freiheit des Luftraums aus der des
Meeres. Der Luftraum ist unentbehrlich zum staatlichen wie zum menschlichen Leben. Seine
Benutzung regelt der Staat, soweit es ihm notwendig erscheint: Verordnungen über Telegraphen=
verkehr, über das Verhalten ausländischer Luftschiffer, über die Einhaltung bestimmter Routen,
gegen die Spionage. Die Betätigung der Herrschaft im Luftraum selbst ist mit Hilse von Steil-
schüssen möglich. Die Interessen des funkentelegraphischen Verkehrs und der Luftschiffahrt
verdienen Berücksichtigung, können aber die Zugehörigkeit des Luftraums zur Erdoberfläche
nicht verdunkeln.
IV. Die Staatsgrenzen. Die Gekbietshoheit besteht immer nur in Ansehung
bestimmter Teile der Erde; ihre Ausdehnung wird durch die Grenze festgestellt. Sie trennt das
Staatsgebiet von dem Gebiet anderer Staaten oder von staatenlosem Gebiet. Bei Gebirgen
ist im Zweifel die Wasserscheide die Grenze. Gegen das Meer hin pflegt in neuerer Zeit nicht
mehr der höchste Flut-, sondern der niedrigste Ebbestand, bisweilen der jeweilige Flutstand als
Grenze zu gelten. Künstliche Grenzen sind:
a) sichtbare Zeichen: Mauem, Gräben, Grenzsteine, Schlagbäume, schwimmende Tonnen;
b) gedachte Linien: Grenzbestimmungen nach geographischen Breiten= und Längen-
graden.
Bei Wasserläufen kommen drei verschiedene Grenzfestsetzungen vor: entweder bildet der
eine Uferrand die Grenze, der Fluß gehört ganz dem einen Staat (sehr selter). Oder die Grenze
wird durch Teilung des Flusses oder Flußbettes gewonnen. Das ist die alte Regel; sie ist im
Zweifel noch jetzt bei Bächen und nicht schiffbaren Flüssen maßgebend. Bei schiffbaren Flüssen
ist seit dem Frieden von Luneville (1801) meist die Mittellinie des tiefsten Stromlaufs, der Tal-
weg, die Grenze; die Benutzung des Stroms wird dadurch beiden Staaten in gleicher Weise
ermöglicht; nur zu diesem Zweck wird der Talweg als Grenze angenommen; verläßt der Fluß
sein Bett, so ist die Mittellinie des Betts entscheidend. Auf Brücken bildet im Zweifel deren
Mitte die Staatsgrenze (vol. RGt. 9 370).