72 F. Wachenfeld.
rufen sind. In den meisten Fällen kann diesem Umstand nur durch eine höhere Strafe
innerhalb des allgemeinen Strafrahmens Rechnung getragen werden. Nur bei einzelnen
Delikten sind für den Fall der Begehung durch einen Beamten besondere Quoalifikationen
vorgesehen, z. B. nach §s 128, 129, 222, 230, 300 St GB.
Für eine Reihe von Straftaten aber, die im Zusammenhange mit Amtshandlungen
stehen, sind Sonderdelikte gebildet, wie z. B. für Nötigung (§ 329 StGB.), Körpewerletzung
(§ 240 StEGB.), Freiheitsberaubung (s 341 StGB.), Hausfriedensbruch (s 342 StGB.),
Falschbeurkundung und Urkundenbeseitigung (§ 348 StGBB.), Unterschlagung (§§ 350 f. StGB.).
Diese Delikte nennt man uneigentliche Amtsdelikte im Gegensatz zu den eigentlichen Amts-
verbrechen, welche lediglich in einer Amtspflichtverletzung bestehen. Die bloße Amts-
pflichtverletzung wird regelmäßig nur disziplinarisch geahndet.
I. Für die schwersten Pflichtverletzungen reicht dies aber nicht aus. Es tritt daher
kriminelle Strafe namentlich bei Bestechung ein. Dieses wichtigste der eigentlichen Amts-
verbrechen umfaßt drei Fälle: 1. einfache Bestechung (s 331 StGB.), d. i. die Annahme von
Vorteilen für eine nicht pflichtwidrige Handlung, die also der Beamte vornehmen durfte oder
gar mußte. Trotzdem ist das Geschenknehmen strafbar, weil es des Beamten unwürdig ist,
sich für die Handlung besonders bezahlen zu lassen; 2. Schwere Bestechung (Ss 332, 333
StGB.). Hierunter fällt einerseits das Annehmen, anderseits das Anbieten oder Gewähren
von Vorteilen für pflichtwidrige Handlungen. Hier, wo der Geschenkgeber eine unrechtmäßige
Handlung erschleichen will, wird auch die aktive Bestechung geahndet; 3. Richterbestechung
(F 334 StGB.). Das ist die einem beamteten Richter oder einem Laienrichter gegenüber ge-
schehene schwere Bestechung, um den Gang eines Verfahrens, sei es auch nur vor einem
Disziplinar= oder Verwaltungsgericht, zu beeinflussen. Die Richterbestechung ist gleicherweise
auf der aktiven wie der passiven Seite strafbar.
II. An weiteren Amtsdelikten kennt das Strafgesetzbuch: 1. Rechtsbeugung (§ 336), d. i.
Begünstigung oder Benachteiligung einer Partei durch einen Richter oder Schiedsrichter in
irgendeinem prozessualischen Verfahren, 2. die doppeleheliche Trauung durch einen Geist-
lichen und die Doppeleheschließung durch einen Standesbeamten (ss 338 StGB., § 67 Ges.
vom 6. Februar 1875), 3. Mißbrauch der Amtsgewalt in Strafsachen, wie Anwendung von
Zwangsmaßregeln in einer Untersuchung zur Erpressung von Geständnissen oder anderen Aus-
sagen (§§ 343 St GB.), falsche Strasvollstreckung (5S 345 StGB.), Begünstigung des Delin-
quenten durch den Exekutiv= oder Strafvollstreckungsbeamten (§ d46), Entweichenlassen von
Gefangenen (§ 347), 4. Verletzung der Amtsverschwiegenheit (§ 353a), 5. Vergehungen
der Post- und Telegraphenbeamten in bezug auf Post= und Telegraphensachen (S§ 354 f.),
6. Untreue des Sachwalters (s 356), 7. sog. Konnivenz des Amtsvorgesetzten, d. i. nament-
lich Verleitung des Untergebenen zu strafbaren Handlungen und Dulden solcher Handlungen
(5I 357 StG.).
Anhang.
Literatur des deutschen Strafrechts.
Bei der anhangsweisen Anführung der hauptsächlichsten Literatur müssen wir uns mit An-
abe einiger Sammelwerke und Darstellungen allgemeinster Bedeutung aus dem Gebiete des
Strafrechts begnügen, ohne auf die zum Teil sehr wichtigen Hilfswissenschaften eingehen zu können.
1. Literaturnachweisungen finden sich bei Bhmer, Handbuch der Literatur
des Kriminalrechts 1816, Kappler, Handkbuch der Literatur des Kriminalrechts 1838, ferner
in den Handbüchern, Lehrbüchern und Grundrissen des Strafrechts, besonders in dem v. Liszt-
schen und dem Meyer-Allfeldschen Lehrbuch sowie in den Grundrissen von Birkmeyer
und Binding (s. u.). Fortlaufende bibliographische Berichte bringt die unten erwähnte Zeit-
schrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft. Kritische Literaturübersichten enthalten die ver-
schiedenen Fachzeitschriften, von denen, außer den spezifisch kriminalistischen, die Münchener Kritische
Vierteliahrsschrift, die Deutsche Juristenzeitung und das Juristische Literaturblatt (herausgegeben
von Keil, Carl Heymanns Verlag) genannt sein mögen.