Full text: Preußisches Staatsrecht.

94 $ 4. Der preuß. Einheitsstaat als konstit. Monarchie. 
esetzt werden mit dem großen System, das durch die 
Revolution zur Geltung gekommen“; das könne „durch 
eine hohle Form, 30 wie der Regierungsentwurf angelegt“ 
sei, nicht geschehen. Auf das Vorwalten der Grundidee 
der Volkssouveränität im Kommissionsverfassungsentwurf 
weisen denn auch abgesehen von dem kodifikatorischen 
Zuschnitt desselben folgende Einzelpunkte besonders klar 
hin: a)im Verfassungstext die Bevorzugung des Ausdrucks 
die Königliche Gewalt“, um die Summe der Befugnisse 
der konstitutionellen Monarchen zu bezeichnen, während 
der an alte Verhältnisse erinnernde Ausdruck „die Krone“ 
ausgemerzt ist; b) der Standpunkt der Motive, daß „Form 
und Inhalt (des Verfassungseides des Königs) sich recht- 
fertige durch den Begriff einer Vereinbarung einer 
Verfassungsurkunde“ — also doch wohl durch den Begriff 
einer vertragsweisen Festsetzung zweier an sich gleich- 
berechtigter Faktoren; c) die Vorschrift, daß beim Tode 
eines Königs der Verfassungseid vom Thronfolger „vor 
Ergreifung der Königlichen Gewalt“ im Schoße der ver- 
einigten, hier mit Selbstversammlungsrecht begabten 
Kammern zu leisten sei, und bis dahin das Staats- 
ministerium unter eigener Verantwortlichkeit die König- 
liche Gewalt ausübe (Art. 39, 70); d) die den vereinigten 
Kammern erteilte Ermächtigung, im Falle der Minder- 
jährigkeit des Königs, wie auch wenn der König durch 
Gefangenschaft, (Geisteskrankheit oder aus anderen 
Gründen in der Unmöglichkeit, zu regieren, sei, selbst 
durch unmittelbare Beschlußnahme „die Regentschaft und 
die Vormundschaft anzuordnen“, was dıe Motive hin- 
sichtlich der Vormundschaftsfrage mit der Bemerkung 
begründen: daß „der minderjährige König als solcher 
mehr der Nation als der Familie angehöre“. 
Von solcher prinzipiellen Grundlage aus hatten 
denn auch die Sätze des Kommissionsverfassungsent- 
wurfs Art. 45: „Dem Könige steht die vollziehende 
Gewalt zu“ (ohne das „allein“'!) und Art. 81: „Die richter- 
liche Gewalt wird im Namen des Königs durch unab- 
hängige, keiner anderen Autorität als der des Gesetzes 
unterworfene Gerichte ausgeübt,“ die Bedeutung, daß 
im Wege neuer selbständiger Rechtssetzung der König 
spezifisch zum Träger des exercitium der quoad 
jus der Nation zustehenden Funktionen der vollziehen- 
den und der richterlichen Gewalt erklärt ward. In An- 
sehung der gesetzgebenden Gewalt wurden aber der
	        
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