8 5. Preußen als Gliedstaat des Deutschen Reiches. 113
aufsichtigung*“ und der „Gesetzgebung“ reserviert;
sonstiges staatliches Handeln auf diesen Gebieten ist
an sich Sache der Gliedstaaten geblieben. Das Gesetz-
gebungsrecht des Reiches in den „Angelegenheiten“
des Art. 4 ist an sich fakultativ. Es läßt dem Landes-
recht bis auf weiteres seine Fortdauer und gestattet
auch der Landesgesetzgebung die Erzeugung von neuem
Recht, bis es selbst zur Betätigung gelangt. Ein aus-
schließliches Gesetzgebungsrecht des Reiches besteht
nach Art. 35 R.V. im Zoll- und indirekten Steuerwesen,
nach Art. 52 Abs. 2 bei gewissen Stücken des Post-
und Telegraphenwesens, nach Art. 61 im Militärwesen.
Die Reichsaufsicht jedoch besteht in den Angelegen-
heiten des Art. 4 gegenüber der gliedstaatlichen Ver-
waltung, mag diese auf Grund von Reichsrecht oder
von Landesrecht zu führen sein. Organe der Reichs-
aufsicht sind im ersten Fall der Kaiser (Art. 17)
und der Bundesrat, im zweiten Fall der Bundesrat
allein.
„Deutscher Kaiser“ ist der Ehrentitel, welcher dem
König von Preußen nach der Reichsverfassung bei
Führung des mit der Krone Preußen verknüpften
„Bundespräsidiums“ zusteht (Art. 11).
Wegen der „Souveränetät“ der Reichsgewalt sind
die Gliedstaaten, mithin auch Preußen, derselben zum
Gehorsam verpflichtet. Nach Art. 19 R.V. können
Gliedstaaten bei Nichterfüllung ihrer verfassungsmäßigen
Bundespflichten dazu im Wege der Bundesexekution
angehalten werden. Da aber die vom Bundesrat zu
beschließende Exekution vom Kaiser zu vollstrecken
und der Träger der Krone Preußen mit dem „Deutschen
Kaiser“ identisch ist, so ist der Fall einer Bundes-
exekution gegen Preußen praktisch ausgeschlossen.
Hubrich, Preußen. 8