Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 115 
weil der Fürst, selbst im Besitz der gesetzgebenden und 
vollziehenden Gewalt, laisse & ses sujets l’exercice du 
troisiöme. 
Auch die naturrechtliche Publizistik in Deutsch- 
land verband, soweit sie sich der Montesquieuschen 
Drei-Gewalten-Theorie anschloß, damit die Vorstellung 
von Funktionen, die durch einen bestimmten Inhalt 
charakterisiert seien!). Vor allem war das bei Suarez 
selbst der Fall. 
In seinen „Aphorismen“ teilte er „die Rechte der 
Obergewalt oder die Souveränetätsrechte“: a) „in die ge- 
setzgebende Macht, welche in dem Recht besteht, Vor- 
schriften zu erteilen, nach welchen sowohl der ganze 
Staat, als die einzelnen Mitglieder desselben ihre Hand- 
lungen einrichten sollen“; b) „in die vollziehende Macht, 
welche das Recht in sich begreift, die Beschlüsse der 
gesetzgebenden Macht zur Ausführung zu bringen und 
die Mitglieder des Staates zu deren Befolgun anzuhalten“; 
c) „in die richterliche Macht, welche das Recht enthält, 
die Streitigkeiten der Bürger des Staates bei der An- 
wendung der Gesetze auf ihre Handlungen zu beurteilen 
und zu entscheiden“, sowie „in einzelnen Fällen diejenigen, 
welche eines begangenen Verbrechens beschuldigt oder 
verdächtig sind, zur Untersuchung und bei befundener 
Schuld zur Strafe zu ziehen“. Im einzelnen rechnete 
Suarez in den „Aphorismen“ zur gesetzgebenden Macht 
die Befugnis a) neue Gesetze zu geben; b) vorhandene 
Gesetze abzuschaffen; c) dunkle Gesetze so zu erklären, 
daß die Erklärung selbst gesetzliche Kraft habe; d) Aus- 
nahmen von allgemeinen Gesetzen zu bestimmen, ent- 
weder in Ansehung gewisser Personen (Privilegia) oder 
für gewisse Fälle (Dispensationen)“. Den Richter anderer- 
seits erachtete Suarez streng an die Gesetze gebunden: 
„Er ist schuldig, nur sie zur Richtschnur seiner Ent- 
scheidung zu nehmen; nie kann und darf er seine Will- 
kür an die Stelle der Gesetze unterschieben.“ In An- 
sehung der „Preußischen Monarchie“ erklärte Suarez 
speziell, daß nach den „ausdrücklich erklärten Grund- 
esetzen der Staatsverfassung“ die „Rechtsangelegenheiten 
er Unterthanen nur nach den Gesetzen des Staates von 
den vom Staat bestellten Gerichten untersucht und ent- 
schieden werden“. 
1) Vgl. Justi, Natur und Wesen des Staates 1760; 
Hufeland, Naturrecht 1795, S. 247 f. 
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