8 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 123
sich bloß „auf Stoff und Form derselben“ beschränken
müsse.
Für das richtige Verständnis der drei Gewalten der
preußischen Verfassung sind sodann noch die Ausführungen
von C. Th. Welcker wichtig (Art, Gesetz, Staatslexikon
VI 1838). Sein Ausgangspunkt ist das Grund- oder Ver-
fassungsgesetz, welches nur von den konstituierenden
Gewalten, nur durch Grundverträge der Bürger unter
sich und mit der Regierung, geschaffen werden könne.
Dieser Verfassung steht egenü er die „Staatsverwaltung
im weiteren Sinne“, welche „durch verfassungsmäßiges
Regieren (oder Vollziehen), Gesetze-Geben und Richten
den Staatszweck im Leben verwirklichen soll. Die
Regierung in diesem engeren Sinne soll zugleich mit der
freien Tätigkeit der Bürger jeder besonderen Lage des
Lebens gemäß die Mittel für den Staatszweck ergreifen
und ausführen; die Gesetzgebung dagegen soll (in harmoni-
scher Übereinstimmung der Regierung und der Bürger
und beider mit der Verfassung) die rechtlichen und sonst
notwendigen festen Normen für dieses Vollziehen der
Regierung und der Bürger, sowie die Ausnahmen und
Veränderungen ihrer eigenen und der Verfassungsnormen
esetzlich aussprechen. Die richterliche Funktion oder
Gowalt endlich hat die Streitigkeiten über Widersprüche
jenes Vollziehens mit der Verfassung und den Gesetzen
parteilos zu schlichten“. Die Definition des Gesetzes als
einer „Bestimmung in abstracto, nach Begriffen“ ver-
wirft Welcker. „Überhaupt eine auch nur temporäre
und konkrete Ausnahme von den gesetzlichen Rechten
und Freiheiten der Bürger, die besonderen Gesetze selbst
für individuelle Orte, physische und moralische Personen
müßten ebensogut, wie die bleibenden, allgemeinen,
abstrakten Regeln, durch die gesetzgebende Gewalt be-
stimmt werden.“
Zwischen diesen Ausführungen Welckers und
zwischen der notorischen Entstehungsart und dem
positiven Text der preußischen Verfassung ist eine
große Ähnlichkeit unverkennbar. Erwägt man zunächst,
wie das Wahlgesetz vom 8. April 1848 „die künftige
Staatsverfassung durch Vereinbarung“ der N.V. mit
der Krone entstehen lassen wollte, und wie auch der
Eingang der rev. V. verkündet, daß der König, „nach-
dem die von ihm unterm 5. Dezember 1848 vorbehaltlich
der Revision im ordentlichen Wege der Gesetzgebung
verkündigte und von beiden Kammern des Königreichs