Full text: Preußisches Staatsrecht.

8 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 125 
geschichte von Art. 86. Wenn hier S. 1 die richter- 
liche Gewalt „im Namen des Königs durch un- 
abhängige, keiner anderen Autorität als der des Ge- 
setzes unterworfene Gerichte ausgeübt“ wissen will 
und S. 2 hinzufügt: „Die Urtheile werden im Namen 
des Königs ausgefertigt und vollstreckt“, so erhellt 
aus diesem Gegensatz, daß der Verfassungsgesetzgeber, 
wenn auch das Urteilen selbst, so doch nicht das Aus- 
fertigen und Vollstrecken der Urteile materiell der 
richterlichen Gewalt zugerechnet hat. In der Tat hat 
auch Justizminister Simons in der Sitzung der 
I. Kammer vom 13. September 1849 gegenüber einem 
den S. 2 betreffenden Streichungsantrag bemerkt, daß 
darin „die Andeutung enthalten sei, daß der Akt der 
Vollstreckung ein Ausfluß der exekutiven Gewalt sein 
solle“. Andererseits wurde bei der Verfassungsrevision 
auch der Antrag, im Art. 86 das „im Namen des Königs“ 
wegzulassen, abgelehnt und damit entschieden, daß das 
preußische Staatsgrundgesetz die richterliche Gewalt 
durchaus in dem gleichen Sinne als eine an sich beim 
König ruhende „Gewalt“ ansehe wie die gesetzgebende 
und die vollziehende Gewalt. Der Berichterstatter 
Abg. v. Ammon erachtete gerade im Gegensatz 
zum belgischen Volkssouveränitätsprinzip 
in Preußen es „für nötig zu sagen: im Namen des Königs, 
um dadurch auszudrücken, daß die Gerechtigkeit im 
Namen des Königs ausgeübt und die Urteile im Namen 
des Königs vollatreckt werden: möge der Gegenstand so 
groß oder so klein sein, wie er wolle; die Größe des 
Objekts macht keinen Unterschied, wo es sich um 
Gerechtigkeit handelt“!. Wie man damals in Preußen 
über das Wesen der richterlichen Gewalt dachte, folgt 
auch aus dem von der Verfassungskommission der N.V. 
projektierten Art. 89: „Alle Funktionen, welche nicht 
im Rechtsprechen bestehen oder dasselbe vorbereiten, 
I) Sten.Ber. I. Kammer, S. 680.
	        
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