Full text: Preußisches Staatsrecht.

6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 137 
während das A.L.R. noch dieselben vollkommen pro- 
"miscue gebraucht hatte. Der Entstehungsart nach ver- 
steht die Verfassung unter „Verordnungen“ Akte, die 
nicht von den gesetzgebenden Faktoren des Art. &2 
ausgehen; andererseits verlangt die „Verordnung“ im 
Sinne der Verfassung einen bestimmten Inhalt, nämlich 
einen Rechtsnorminhalt; die Verordnung der Ver- 
fassung istnurRechtsverordnung. Wohl hatten 
einzelne konstitutionelle Theoretiker vorher den Be- 
griff der Verordnung in spezifische Verbindung mit 
der Exekutive gebracht, indem sie dabei der Exekutive 
als solcher auch die Aufgabe zueigneten — abgesehen 
von dem Erlaß eigentlicher Verwaltungsverordnungen —, 
die Lücken ausfüllungsbedürftiger, von den gesetz- 
gebenden Faktoren geschaffener Rechtsnormen durch 
Rechtsverordnungen zu ergänzen. Die preußische Ver- 
fassung ist indessen dieser Auffassung nicht gefolgt 
und gebraucht die „Verordnung“ technisch nicht als 
einen Verwaltungs- und Rechtsverordnung in sich 
schließenden Ausdruck. Der Verordnungsbegriff kommt 
in Art. 37, 45, 63, 106, 109 vor. Entscheidend für die 
Identifizierung von „Verordnung“ und „Rechtsverord- 
nung“ im Sinne der preußischen Verfassung ist Art. 106: 
„Gesetze und Verordnungen sind verbindlich, wenn sie 
in der vom Gesetz vorgeschriebenen Form bekannt 
gemacht worden sind.“ Die hier vorausgesetzte Be- 
kanntmachung ist die an das Publikum, an die Öffentlich- 
keit gerichtete, und eine solche, in einer vom Gesetz 
besonders vorgeschriebenen Form, war nach der ganzen 
Überlieferung nur für solche Akte !notwendig zur Er- 
zeugung von „Verbindlichkeit“, welche sich als Aus- 
flüsse der potestas legislatoria darstellten Xvgl. $ 10 
Einl. A.L.R.). Für bloße Verwaltungsverordnungen war 
niemals eine besondere, vom Gesetz vorgeschriebene 
Form der Bekanntmachung Wesensbedingung des Ver- 
bindlichwerdens gewesen. Soweit der Art. 106 für das
	        
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