138 8 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung.
Verbindlichwerden von „Gesetzen“ die Beobachtung
der vom Gesetz vorgeschriebenen Form der Bakannt-
machung fordert, korrespondiert ihm auch Art. 45, 8.3:
„Der König... befiehlt die Verkündigung der Gesetze,“
und es sind hier unter den „Gesetzen“ die durch Zu-
sammenwirken von König und Kammern zustande-
sekommenen Rechtssetzungsakte gemeint bzw. solche
Staatsakte, welche die Verfassung durch positive An-
ordnung dem „Weg der Gesetzgebung“ unterworfen
hat. Die „Verordnungen“ des Art. 106 aber gehen auf
die sonst vom König oder von anderen vorgenommenen
Rechtssetzungsakte. Gerade bei Normierung des Art. 106
war sich der Verfassungsgesetzgeber darüber klar, daß
„auch von Administrativbehörden Verordnungen mit
Gesetzeskraft (im materiellen Sinne!) erlassen werden
könnten, z. B. Lokalpolizeiordnungen*, und daher behufs
des Verbindlichwerdens der vom Gesetz vorge-
schriebenen Form der Bekanntmachung bedürften. Die
Ökonomie des Verfassungsaufbaues verpflichtet nun
aber auch an den anderen Stellen, dem mit augen-
scheinlicher Sparsamkeit gebrauchten Wort „Verord-
nung“ keinen anderen Sinn beizulegen, als im Art. 106.
Wenn es daher Art..45, S. 3 heißt: „Der König erläßt
die zur Ausführung (der Gesetze) nötigen Verord-
nungen,“ so ist hierin nur eine verfassungsmäßige
Delegation zum Erlaß von Rechtsverordnungen zu
finden, und die Befugnis des Königs zum Erlaß von
„Verwaltungsverordnungen“ resultiert unmittelbar aus
S. 1, Art. 45, welcher, abgesehen vom jus, dem König
allein auch die Ausübung der vollziehenden Gewalt
überträgt. Unbedenklich ist die Gleichung „Verord-
nung“ = „Rechtsverordnung“ im Art. 63, und vom Boden
derselben bedeutet im Art. 109 das: „alle Bestimmungen
der bestehenden Gesetzbücher, einzelnen Gesetze und
Verordnungen“: a) die kodifikatorischen Zusammen-
iassungen des gesetzten Rechtes; b) die einzelnen