$ 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 139
Rechtsvorschriften des vorkonstitutionellen Gesetz-
gebers und die ihm gleichstehenden Gewohnheitsrechts-
normen; c) die auf Grund besonderer Delegation ent-
standenen Rechtsvorschriften von „Nichtgesetzgebern“.
Auch im Art.37: „Der Militärgerichtsstand des Heeres
beschränkt sich auf Strafsachen und wird durch das
Gesetz geregelt. Die Bestimmungen über die Militär-
disziplin im Heere bleiben Gegenstand besonderer Ver-
ordnungen,“ paßt die Gleichung „Verordnung“ = „Rechts-
verordnung“. Der Art. 37 überwies einmal die Materie
des auf Strafsachen beschränkten Militärgerichtsstandes
des Heeres dem gewöhnlichen „Wege der Gesetzgebung“
mit der Wirkung, daß auch sofort „jede [Abänderung
des (bestehenden) Militärstrafgesetzbuches nur mit Zu-
stimmung der Kammern erfolgen konnte“; andererseits
entzog er die Materie der Militärdisziplin im Heere
nicht der Rechtsnormierung. Man glaubte diese Materie
nur wegen ihrer Eigenart und im Hinblick auf das
Beispiel anderer Staaten „lediglich dem obersten Kriegs-
herrn“ zur Regulierung überlassen zu müssen und
delegierte dem König hier daher ein besonderes Rechts-
verordnungsrecht!).
Im einzelnen erleidet auf Grund der bestehenden
Rechtsordnung des preußischen Einheitsstaates das
Prinzip des Art. 62 folgende Durchbrechungen:
1) Vgl. I. Kammer, S.740. Schließlich hieß es auch in dem
durch Gesetz vom 7. März 1853 abgeänderten Art. 68:
„Die I. Kammer besteht .. b). . aus den Häuptern der-
jenigen Familien, welchen durch Königliche Verordnung
das nach der Erstgeburt und Linealfolge zu vererbende
Recht auf Sitz und Stimme in der I. Kammer beigelegt
wird. In dieser Verordnung werden zugleich die Be-
dingungen festgesetzt, durch welche dieses Recht an
einen bestimmten Grundbesitz geknüpft ist.“ Namentlich
der letztere Passus rechtfertigt hier ebenfalls die Gleichung
„Verordnung“ = „Rechtsverordnung“, und zeigt, daß nicht
bloß der abstrakte Gesetzeswille gegebenenfalls kon-
kretisiert wurde.