8 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 141
braucht nicht der Untertanenschaft gegenüber förmlich
zur Kenntnis gebracht zu werden; sie verleiht aber
der Notverordnung die Kraft einer von vornherein mit
Zustimmung der Kammern erlassenen Normierung. Die
Verweigerung der Genehmigung beseitigt nicht ipso
ure die Gesetzeskraft der Notverordnung. Letztere
hört auf, wenn ein Erlaß des Königs in der Gesetz-
sammlung die Rücknahme der Notverordnung aus-
spricht. Die in der Zeit zwischen Erlaß und förmlicher
Rücknahme begründeten Rechtsverhältnisse werden
jedoch nicht hinfällig; das frühere, durch die Not-
verordnung alterierte objektive Recht gewinnt aber
sofort wieder Geltung.
b) Nach Art. 45, S. 3 „erläßt der König die zur
Ausführung (der Gesetze) nötigen Verordnungen“. Da-
mit ist eine allgemeine Ermächtigungsklausel zugunsten
eines königlichen Rechtsverordnungsrechts intra legem
aufgestellt. In Preußen betrachteten namentlich auch
die Motive der Verfassungskommission der N.V. vom
Boden einer rein äußerlichen Auffassung des Begriffs
der „vollziehenden“ Gewalt als einen Bestandteil der-
selben den Erlaß von Vollzugsverordnungen mit Rechts-
norminhalt. Doch nur der Form nach gehört die Funk-
tion des Königs nach Art. 45, S. 3 zur „vollziehenden“
Gewalt, insofern es der König ist, der zugleich nach
S. 1, Art. 45 „alleiniger“ Ausüber der vollziehenden
Gewalt ist. Streng begriffliche Sonderung der Staats-
funktionen muß das allgemeine königliche Rechts-
verordnungsrecht intra legem an sich der Sphäre
der gesetzgebenden Gewalt zuweisen?) Die
Gesetze, zu „deren Ausführung“ der König die „nötigen
Verordnungen“ erlassen darf, sind nicht bloß solche,
welche mit Zustimmung der Kammern zustande
) ve). Ab Sroicher II. Kammer, S. 562, 2120; Abg.
Simson, 212