Full text: Preußisches Staatsrecht.

142 $ 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 
gekommen sind‘), sondern auch vorkonstitutionelle 
Rechtsnormen, welche den Charakter eigener juristischer 
Selbständigkeit und eine einer Ausfüllung zugängliche 
Lücke aufweisen. Die Ausführungsverordnung kann 
die lückenhafte, mit eigener juristischer Selbständigkeit 
begabte Rechtsnorm auch ergänzen „nach der Seite 
der Beschaffung der zur Durchführung des Gesetzes er- 
forderlichen Mittel“ (Rosin); nur die Überschreitung „des 
allgemeinen Rahmens und der Zweckbestimmung“, des 
„Prinzips“ (vgl. II. K., S. 1716), der Rechtsnorm ist 
nicht statthaf. Der König braucht aber die 'Aus- 
führungsverordnungen nicht immer selbst zu er- 
lassen. Die durch die vorkonstitutionelle Gesetzgebung 
bereits’ den Ministern allgemein erteilte Ermächtigung 
zur Rechtshormierung intra legem korrespondiert dem 
im Art. 45, S. 3 statuierten allgemeinen königlichen 
Bechtsverordnungsrecht intra legem, und sofern daher 
der König in einem speziellen Falle nicht erklärt, selbst 
die Ausführungsverordnung erlassen zu wollen, sind 
die Minister kraft der durch das vorkonstitutionelle 
Recht bereits ausgesprochenen Delegation befähigt, 
das Königliche Rechtsverordnungsrecht intra legem 
gemäß Art. 45, S. 3 ihrerseits auszuüben. 
c) Sowohl zugunsten des Königs wie anderer 
Instanzen (Behörden, Körperschaften) können Spezial- 
klauseln sowohl: aus konstitutioneller wie aus vor- 
konstitutioneller Zeit, sowohl des gesetzten wie des 
Gewohnheitsrechtes, die Ermächtigung verleihen, auf 
einem bestimmten Gebiete in bestimmt begrenztem 
Umfange Recht zu setzen. Als Rechtsnormen spezieller 
Natur sind die fraglichen Spezialklauseln des vor- 
konstitutionellen Rechtes nicht imstande, den Grundsatz 
des Art. 62 an sich zu beseitigen, und daher „der gegen- 
wärtigen Verfassung nicht zuwiderlaufend“ (Art. 109) 
!) Vgl. Abg. v. Daniels I. Kammer S8. 1315.
	        
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