& 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 147
gelten solle“!)., Die hiermit besonders dokumentierte
Übereinstimmung mit den bisherigen Ergebnissen, ins-
besondere mit der entsprechenden Anschauungsweise
des A.L.R., berechtigt ebenfalls, die „vollziehende Ge-
walt“ der Verfassung als solche materiell gerade so zu
deuten, wie es schon für die frühere Periode der
preußischen Rechtsordnung geschehen, zumal: auch
Welcker die Natur der Regierung im engeren Sinne
darauf abstellt, innerhalb der Schranken der Rechts-
ordnung jeder besonderen Lage des Lebens gemäß die
Mittel für den Staatszweck zu ergreifen und aus-
zuführen. Im einzelnen rechnete man schon in den
Revisionskammern die Repräsentation des Staates im
Völkerverkehr unbedenklich zur Sphäre der Exekutive;
ebenso betrachtete man als deren Ausfluß die Befugnis
der Amtsvorgesetzten zur Erteilung von Instruktionen
an die nachgeordneten Organe’. Jedenfalls bedeutet
ı) 1I.. Kammer, S. 2121. 8. auch Abg. Beseler,
II. Kammer, S. 563; J. M. Simons, II. Kammer, S. 1715:
Abg. Reuter, II. Kammer, $. 468.
2) ]I. Kammer, S. 338, 341; I. Kammer, 8. 1218. Die
Argumentation Bornhaks, Preuß. St. I, S. 483 aus $ 81
Ropierungsverfassungsentwurf übersieht S. 3 daselbst;
„Alle den übrigen Bestimmungen der Verfassung ent-
gegenstehenden gesetzlichen Vorschriften treten sofort
außer Kraft.“ „Gesetzliche Vorschriften“ bezeichnet hier
zusammen, was S. 2 „Gesetze und Rechtsnormen“ nennt.
In der I. Kammer, $S. 2318 sah Regierungskommissar
Delius in dem Erlaß von Polizeivorschriften „mehr eine
reglementarische Gewalt, als eine legislative“. Das er-
klärt sich als Konsequenz der Anschauung, welche der
Legislative wesentlich die Aufstellung „dauernder“ Normen
zuwies (vgl. Abg. Beseler, II.K., 8. 563; Welcker, S. 741).
Immerhin erkannte Delius an, daß mit den Polizeivor-
schriften „sich die Polizeibehörde selbst die Hände binde,
damit sie nicht in jedem einzelnen Fall nach augenblick-
lichen Eindrücken und nach augenblicklichen Umständen
bestimme, welche Gewaltmaßregeln sie zu treffen hat“.
Gegenüber Delius betonte sofort Abg. Kuh: „die Polizei-
exekutivgewalt sei zwar ein Teil der Staatsgewalt, aber
die Polizeigesetzgebung dürfe nicht an die Admini-
strativbehörden übertragen werden“. Von der Identi-
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