152 8 7. Das Staatsgebiet.
Die Staatsgewalt, bezogen auf das Staatsgebiet,
heißt „Gebietshoheit*. Dieselbe ist durchaus kein be-
sonderer Teil der Staatsgewalt mit eigenem Inhalt,
sondern die Staatsgewalt selbst in ihrer räumlichen
Erscheinungsform. Der Gebietshoheit schreibt man
eine positive und eine negative Funktion zu. Zufolge
der ersteren gelten an sich alle innerhalb des Staats-
gebietes befindlichen Personen und Personenvereini-
gungen — mit Ausnahme der völkerrechtlich Exterri-
torialen — der konkreten Staatsgewalt unterworfen;
zufolge der letzteren ist in dem Staatsgebiet die Be-
tätigung einer fremden Staatsgewalt ausgeschlossen,
soweit nicht völkerrechtlich sogenannte Staatsservituten
in Frage kommen. Darüber, ob das Staatsgebiet selbst
Objekt der Staatsherrschaft ist, wird namentlich in der
neueren Theorie gestritten. Nach der einen Ansicht
(Laband) ist die Gebietshoheit allerdings sachen-
rechtlicher Natur (Eigentumstheorie); nach anderen
(Fricker, G.Meyer, Jellinek, Anschütz) kommt
das Staatsgebiet nur als räumlicher Schauplatz der
Herrschaft des Staates in Betracht, da die den Begriff
der Staatsgewalt darstellende Befehls- und Zwangs-
macht ihrem Wesen nach nur menschlichen Willen,
nicht die leblose Natur erfassen kann (Eigenschafts-
theorie). Der letzteren Ansicht gebührt staatsrechtlich
der Vorzug.
Der Art. 2 verlangt „ein Gesetz“ nur für „Ver-
änderungen“ der Grenzen des preußischen Staats-
gebietes, ohne zwischen Zuwachs oder Verringerung
und der Größe derselben im übrigen zu unterscheiden.
Die Berichtigung einer wirklich verdunkelten Grenze,
wo nur der wahre Bestand des preußischen Staats-
gebietes ermittelt wird, fällt nicht unter den Begriff
der „Veränderung“ und ist daher von dem Erfordernis
eines Gesetzes frei. Jedenfalls ist auch bei der echten
Grenzveränderung ein verfassungsänderndes (Gesetz