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(Art. 107) nicht vonnöten. Unzweifelhaft denkt der
Art.2 wegen des Ausdruckes „Gesetz“ an die Zustimmung
des Landtages. Doch hat die Staatspraxis nicht bei
allen Grenzveränderungen die hergebrachte Gesetzes-
form und bisweilen nicht einmal die Publikation in der
Gesetzsammlung gewahrt. Bei der Bemängelung dieser
Praxis hat man übersehen, daß der Verfassungsgesetz-
geber im Art. 2 die formellen Bedingungen, unter
welchen die Grenzen des Staatsgebietes verändert
werden können, „im allgemeinen“, d.b. nur im all-
gemeinen angegeben und daher sich gegen die Zu-
lässigkeit von Ausnahmen nicht hat verschränken
wollen. Solche Ausnahmen von dem Prinzip können
sich gerade, was die Form anbetrifft, mit besonderer
Zustimmung des Landtages selbst ergeben, da der
Art.2 als eine zunächst im Interesse der V olksvertretung
selbst gegebene Bestimmung sich darstellt (vgl. Art. 106).
Der Zustimmung des Reiches bedarf es übrigens
nicht, wenn Preußen innerhalb des Reichsgebietes
(Art. 1 R.V.) seine Grenzen verändert. Nur soweit des
Reiches und Preußens Auslandsgrenzen zusammenfallen,
ist eine Gebietszession von seiten Preußens durch die
Zustimmung des Reiches bedingt. Preußen ist auch
an sich zu neuem Erwerb von außerdeutschem Gebiet
berechtigt; doch kann das Reich den Erwerb eventuell
wegen Nichterfüllung „verfassungsmäßiger Bundes-
pflichten“ beanstanden (vgl. Art. 19 R.V.).
88.
Die Rechte der Preußen.
Den Staat nannte schon Abg. Walter während der
Verfassungsrevision (I. K., S. 97) „das zur Einheit
organisierte Volk“. In diesem Sinne bezeichnet „Volk“
sowohl die durch die Reihe der Geschlechterfolgen sich