Full text: Preußisches Staatsrecht.

8 8. Die Rechte der Preußen. 161 
Detail die Art. 4-42. Schon die Rechtsordnung des 
A.L.R. beruht auf der Anerkennung der naturrecht- 
lichen Urrechte des Individuums: „Freiheit und Eigen- 
tum“, und in der Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts 
herrschte die gleiche Grundanschauung weiter'). Der 
Verfassungsgesetzgeber hat es sich freilich versagt, 
eine allgemeine Garantie jener beiden individuellen 
Urrechte auszusprechen, aber in der Erkenntnis seiner 
Aufgabe, „anstatt des gestürzten Polizeistaates den 
Rechtsstaataufzubauen‘“, die Entfaltung derindividuellen 
Freiheit „in einzelnen Richtungen und Lebens- 
beziehungen“ durch Aufstellung „leitender Grundsätze“ 
schützen zu können geglaubt (vgl. N.V., S. 1812). Für 
die Normierung der einzelnen Grundrechte der Preußen 
war freilich die Erinnerung an bestimmte, lebhaft 
empfundene Mißstände der früheren Zeit bestimmend. 
Mit Bezug z. B. auf Art. 20: „Die Wissenschaft und 
ihre Lehre ist frei,“ äußerte Kultusminister von Laden- 
berg selbst: „Dieser Artikel findet seinen Grund in der 
Klage über frühere Bedrückungen der Freiheit der Wissen- 
schaft und ihrer Lehre“ und erblickte darin für die Zu- 
kunft einen wichtigen „leitenden Maßstab“ für die Ver- 
waltung und keine „nichtssagende Phrase“ (I. K., S. 1039, 
II. K., S. 1217). Ebenso motivierte die KRevisions- 
kommission den Art. 20: „teils schon an und für sich, 
teils im besonderen Hinblick auf gewisse Tendenzrück- 
sichten, welche hier und da sowohl bei der Auswahl als 
bei der Beaufsichtigung des Lehrerpersonals z. B. in den 
theologischen und politischen Wissenschaften und sonst 
in hohem Maße hervorgetreten seien, könne es nicht als 
überflüssig erscheinen, in der Verfassung deutlich er- 
') Reg.-Instr. v. 23. Oktober 1817, 8 7, Ausz. aus V. 
26. Dezember 1803, $ 40 Gesetz-Rev. XII—XIV Entw. 
B.G.B. $ 121. Mot. $. 49: Kein Entschädigungsanspruch 
wegen Beschränkung „der auf der natürlichen und bürger- 
lichen Freiheit beruhenden Rechte, da diese nur Befug- 
nisse sind, die der Ausübende mit allen anderen 
Untertanen gemeinsam hat und bisher deshalb ausübte, 
weil der Staat sie außer dem Kreise seiner legislatorischen 
Wirksamkeit gelassen hatte.“ V. 22. Mai 1815, $ 4; Ges. 
5. Juni 1323, 8 8. 
Hubrich, Preußen. . 1l
	        
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