Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 8. Die Rechte der Preußen. 167 
Fällen es zulässig ist, ein anderes Gericht als das ordent- 
liche eintreten zu lassen“; Ausnahmegerichte sind aber 
keineswegs die „Gewerbs- und Handelsgerichte, da diese 
für die en zugewiesenen Sachen die ordentlichen Ge- 
richte sind“ (I. K., S. 666 f.). Jetzt gilt $ 16 R.G.V.G. 
7. Anspruch auf gesetzmäßige Handhabung der all- 
gemeinen staatlichen Strafgewalt. 
Art. 8: Strafen können nur in Gemäßheit des Gesetzes 
angedroht oder verhängt werden.“ Das Gesetz kann aber 
auch, „wie dies bei Polizeigesetzen oft der Fall ist, ge- 
wissen Behörden oder Beamten das Recht erteilen, Strafen 
anzudrohen“ (1I. K., S. 522), Disziplinarstrafen kommen 
hier ebensowenig in Betracht wie Exekutivstrafen. Art. 10: 
„Der bürgerliche Tod (d. h. die im französischen und 
rheinischen Recht geltende, ‚längst als verwerflich an- 
erkannte‘ Strafe des bürgerlichen Todes) und die Strafe 
der Vermögenseinziehung finden nicht statt.“ Unberührt 
blieben zunächst bis zum Inkrafttreten des B.G.B. am 
1. Januar 1900 die 88 1199£., II 11 A.L.R.: „Nach ab- 
elegtem Klostergelübde werden Mönche und Nonnen in 
nsehung aller weltlichen Geschäfte als verstorben an- 
gesehen.“ 
8. Anspruch auf Freiheit der persönlichen Meinungs- 
&ußerung. 
Art. 27: „Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, 
Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Meinung 
frei zu äußern.“ Hierdurch ist auch die außerhalb des 
Rahmens der Art. 2u—26 stehende Lehrfreiheit und das 
Recht der Protestation geschützt. Besonders garantiert 
ist die Preßfreiheit Art. 27, S. 2: „Die Zensur darf nicht 
eingeführt werden; jede andere Beschränkung der Preß- 
freiheit nur im Wege der Gesetzgebung.“ Das Verbot 
betreffs der Zensur richtet sich auch an die gewöhnliche 
Legislative, das betreffs anderer Einschränkungen der 
freıen Presse gegen einseitiges, nicht durch gesetzliche 
Anordnung gedecktes Vorgehen der Verwaltung (ll. K., 
S. 629; I K., S. 1277). Unter Zensur ist das Erfordernis 
vorgängiger obrigkeitlicher Druckerlaubnis gemeint. 
Art. 28: „Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck 
oder bildliche Darstellung begangen werden, sind nach 
den allgemeinen Strafgesetzen zu bestrafen.“ Nach der 
Intention der Verfassung verliert ein unter Mißbrauch 
der freien Meinungsäußerung, begangenes Delikt nicht 
wegen der Sonderart der Mittel „seinen allgemeinen 
strafrechtlichen Charakter“, und die Feststellung der
	        
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