168 $ 8. Die Rechte der Preußen.
Strafen dafür soll daher auch „nicht in einem besonderen
Preßgesetz, sondern in den allgemeinen Strafgesetzen er-
folgen“ (II. K., 8. 680; I. K., S. 1278). Jetzt gilt auf
Grund von Art. 4., Z. 16 R.V. das Reichsgesetz über die
Presse vom 7. Mai 1874.
9, Petitionsrecht.
Art. 32: „Das Petitionsrecht steht allen Preußen zu.
Petitionen unter einem Gesamtnamen sind nur Behörden
und Korporationen gestattet.“ Petition bezeichnet im
allgemeinen Bitte, Begehren, Antrag, insbesondere aber
das auf Abstellung einer bereits vorliegenden Ungerechtig-
keit oder Unbilligkeit gerichtete Begehren (Beschwerde).
Als Adressaten kommen die vorgesetzten Behörden, das
Staatsoberhaupt, die beiden Kammern in Betracht. Doch
darf nach Art. 81, S. 2 „niemand den Kammern oder
einer derselben in Person eine Bittschrift oder Adresse
überreichen“. Die Adresse ist von der Petition ver-
schieden. „Sie geht stets von mehreren aus und gibt der
politischen Gesinnung der Unterzeichner Ausdruck, ohne
notwendig eine Bitte zu enthalten“ (v. Roenne). „Jede
Kammer kann die an sie gerichteten Schriften an die
Minister überweisen und von denselben Auskunft über
eingehende Beschwerden verlangen“ (Art. 81, 8.3. Hier-
mit ist durch die Verfassung selbst unter der Voraus-
setzung einer Beschwerde eine unbedingte rechtliche
Antwortpflicht der Minister statuiert, die sich übrigens
auch darauf erstreckt, was von seiten des Ministers auf
den Überweisungsbeschluß der Kammer veranlaßt worden.
Das Petitionieren der Behörden und der Korporationen,
denen hierbei allein die Benutzung eines Gesamtnamens
gestattet ist, hat sich auf Gegenstände ihres Wirkungs-
eises zu beschränken; anderenfalls hat die zuständige
Behörde sie in die gehörigen Grenzen zurückzuweisen
(vgl. II. K., S. 633). Eine Schranke des Petitionsrechts
ildet die verfassungsmäßige Unabhängigkeit der Gerichte
(Art. 86), andererseits kommt $ 19 R.St.G.B. in Betracht.
10. Anspruch auf Unverletzlichkeit des Brief-
geheimnisses.
Art. 33: „Das Briefgeheimnis ist unverletzlich. Die
bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen
notwendigen Beschränkungen sind durch die Gesetzgebun
festzustellen.“ Gegenstand des Briefgeheimnisses ist nac
der Natur der Sache nur, was infolge Verschlusses der
Kenntnisnahme durch die Nichtadressaten entzogen sein
soll, und in diesem Sinne sind zur Achtung des Geheim-
nisses nicht bloß die Postbeamten, sondern auch an sich