188 $ 9. Das konstitutionelle Königtum.
immer auf den Vorzug der Linie und innerhalb der
Linie auf das Recht der Erstgeburt gesehen; irgend-
welche Berücksichtigung der Gradesnähe ist mit dem
klar erkannten Wesen dieser reinen Linealfolge un-
verträglich“ (H. Schulze) Eine Entziehung des
Sukzessionsrechtes in concreto wegen geistlichen
Standes oder der Religion, wegen geistiger oder körper-
licher Gebrechen findet jetzt nicht mehr statt. Hier
hilft nunmehr das Institut der Regentschaft, wenn der
Sukzessionsberechtigte in concreto wegen (Gebrechen
oder besonderer persönlicher Verhältnisse „dauernd
verhindert ist, selbst zu regieren“ (Art. 56).
Dem Begriff der Erbmonarchie entspricht es, daß
im Augenblick der Thronerledigung der Sukzessions-
berechtigte in concreto unmittelbar und ohne zeitliches
Zwischenstadium von Rechts wegen die Funktion des
Trägers der Staatsgewalt erlangt (der Tote erbt den
Lebenden; le mort saisit le vif; rex non moritur; le roi
est mort, vive le roi). Das gilt selbst, wenn über die
Person des Sukzessionsberechtigten in concreto noch
Ungewißheit deshalb herrscht, weil der letzte Thron-
inhaber nur eine schwangere Witwe hinterlassen, bzw.
weil der nächstberufene Agnat vor dem letzten Thron-
inhaber mit Hinterlassung einer noch beim Tode des
letzteren schwangeren Witwe verstorben ist. Bis zur
Entscheidung, ob dem nasciturus wirklich das Suk-
zessionsrecht in concreto zukommt, tritt die Regent-
schaft ein; aber der Erwerb der Krone, sei es durch
den Neugeborenen, sei es durch den beim Wegfall des
Embryo wirklich eintretenden Agnaten datiertimmer vom
Augenblick der stattgehabten Thronerledigung zurück.
Ein förmlicher Regierungsantritt bedingt weder
quoad jus, noch quoad exercitium den Erwerb der
Trägerschaft der Staatsgewalt. Nur tatsächliche Übung
sind sogenannte Besitznahmepatente, d. h. öffentliche,
den Kronerwerb bekanntmachende Erklärungen. Nach