S$ 9. Das konstitutionelle Königtum. 191
In dem konstitutionellen Hohenzollernmonarch als
Träger der einheitlichen preußischen Staatsgewalt kon-
zentrieren sich die gesetzgebende, richterliche, voll-
ziehende Gewalt. In welcher Weise der König quoad
exercitium der gesetzgebenden Gewalt durch die Volks-
vertretung und quoad exercitium der richterlichen Ge-
walt durch die „unabhängigen, keiner anderen Autorität
als der des Gesetzes unterworfenen Gerichte“ be-
schränkt ist, wurde teils schon im vorhergehenden
beleuchtet, teils wird das noch Nötige unten auseinander-
gesetzt werden. Soweit aber die Einschränkungen zu-
gunsten’der Volksvertretung und der Gerichte nicht in
Betracht kommen, gilt die Regel des Art. 44, daß alle
Akte des Königs in Ausübung der „Regierung“ (im
weiteren Sinne des Begriffs!) von der Verantwortlich-
keit ihm zur Seite stehender Minister getragen sein
müssen, die er frei „ernennt und entläßt“ (Art. 45). Die
in Schriftform gefaßten Regierungsakte des Königs
„bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines
Ministers, welcher dadurch die Verantwortlichkeit
übernimmt.“ Doch ist der Satz des Art. 44, daß „alle
Regierungsakte“ des Königs in dieser Weise durch das
Erfordernis der Ministerverantwortlichkeit gedeckt sein
müssen und eventuell zu ihrer Gültigkeit der Gegen-
zeichnung eines dadurch die Verantwortlichkeit über-
nehmenden Ministers bedürfen, nur ein Prinzip, für
welches es Ausnahmen gibt. Es wird z. B. das Recht
des Königs nach Art. 50, „Orden und andere mit Vor-
rechten nicht verbundene Auszeichnungen“ (Adels-
prädikate, Ehrentitel) zu verleihen, unzweifelhaft als
Regierungsfunktion ausgeübt, aber nach Maßgabe der
Entstehungsgeschichte von Art. 50 dennoch frei von
ministerieller Gegenzeichnung'),. Die Minister tragen
die „Verantwortlichkeit“ nach Art. 44 gegenüber der
1) Hubrich im Archiv f. öff. R., 22, Bd, 8. 3581.