Full text: Preußisches Staatsrecht.

192 $ 9. Das konstitutionelle Königtum. 
Volksvertretung, und zwar für aktives Tun wie für 
negatives Unterlassen hinsichtlich des königlichen Be- 
rufs, „selbst zu regieren“. Denn gerade die Verfassung 
setzt voraus, daß auch der konstitutionelle Hohen- 
zollernmonarch nach eigenen freien Impulsen die 
Richtung des Staatsschiffes bestimme, und gibt ihm 
daher die durch nichts eingeschränkte Befugnis, nach 
eigenem selbständigen Belieben die „verantwortlichen“ 
Minister zu ernennen und zu entlassen. Freilich ist 
auch für den einzelnen Minister die Annahme des 
Postens sowie das Verbleiben auf demselben Sache 
freiester Willensentschließung: er kann jederzeit seine 
Entlassung, die ihm gewährt werden muß, aus dem 
Amte, zu dessen Annahme kein rechtlicher Zwang vor- 
liegt, fordern. Solange er aber im Amte bleibt, kann 
von Rechts wegen angenommen werden, daß er in 
seinen Willensinhalt auch das „Selbstregieren“ des 
Königs aufnimmt und daher als dafür verantwortlich 
angesehen werden darf. 
Das Prinzip der Ministerverantwortlichkeit hängt 
eng zusammen mit Art. 43: „Die Person des Königs ist 
unverletzlich.“ Den König trifft wohl die allgemeine 
Rechtspflicht, in Übereinstimmung mit der Verfassung 
und den Gesetzen zu regieren: hiervon abgesehen ist 
er aber als Träger der Staatsgewalt „logischerweise“ 
den einzelnen Rechtsnormen innerhalb des Gemein- 
wesens Preußen, deren Gestaltung von der in seinem 
Namen und an sich unter seiner höchstpersönlichen 
Mitwirkung sich äußernden gesetzgebenden Gewalt ab- 
hängt, nicht unterworfen, es sei denn, daß eine aus- 
drückliche Unterwerfungserklärung in dieser oder jener 
Beziehung erfolgt ist (z. B. für rein private Verbindlich- 
keiten A.L.R. II 13, $$ 17, 18; Einl. $ 860), In jedem 
Fall gilt aber die „staatsgrundgesetzliche* Norm, daß 
die Person des Königs selbst vollständig jeder an- 
tastenden Einwirkung entzogen sein soll. Es gilt dies
	        
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