Full text: Preußisches Staatsrecht.

8 9. Das konstitutionelle Königtum. 199 
sich auch ohne Konkurrenz der Volksvertretung völker- 
rechtlich gültig schließen, aber der Art. 48 legte ihm 
die staatsrechtliche Pflicht auf, den völkerrechtlich 
gültigen Abschluß der anderen, sich nicht als Friedens- 
verträge charakterisierenden Verträge erst nach Zu- 
stimmung der Kammern zu bewirken, a) schlechthin 
bei Handelsverträgen und b) bei solchen, wodurch dem 
Staat Lasten oder einzelnen Staatsbürgern Verpflich- 
tungen auferlegt wurden. Unter Lasten des Staates 
sind nur die finanziellen, unter Verpflichtungen der 
Staatsbürger nur diejenigen gemeint, zu deren Auf- 
erlegung eine Verordnung nicht genügt, sondern ein 
Gesetz erforderlich ist. Selbstverständlich war bei a 
und b die Zustimmung der Kammern auch Vorbedingung 
für die Ausführung innerhalb des Landes. Die Ver- 
träge, welche im Innern mit Gesetzeskraft wirken 
sollten, bedurften der für Gesetze an sich vor- 
geschriebenen Bekanntmachungsform; doch ist es 
preußische, aus der vorkonstitutionellen Zeit herüber- 
senommene Praxis, daß bloß der Text des Vertrages 
ohne besondere Erwähnung einer etwaigen Kammern- 
genehmigung mit einer die Ratifikation betreffenden 
Bemerkung in der Gesetzsammlung gebracht wird. Als 
Rechtsgrundlage für das passive und aktive Gesandt- 
schaftsrecht kommt auf seiten des Königs Art. 45, S.1 
bzw. 47 in Betracht. Modifiziert ist die Materie der 
Vertragsschließung jetzt durch das Reichsrecht, Art. 11 
R.V. Nach Art 55 „kann der König ohne Einwilligung 
beider Kammern nicht zugleich Herrscher fremder 
Reiche sein.“ Diese Vorschrift legt dem König die 
staatsrechtliche Pflicht auf, sich die Einwilligung beider 
Kammern zu verschaffen, wenn er in der Form der 
Personalunion zugleich Staatsoberhaupt in einemi?nicht- 
deutschen „Reich“ sein will. Im Gegensatz zu der vom 
Art. 55 gemeinten Personalunion betrifft der Art. 2 
gegebenenfalls die Realunion und die Inkorporation.
	        
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