Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 9. Das konstitutionelle Königtum. 208 
S. 1228). Andererseits ist es nicht ausgeschlossen, daß 
der Regent mit dem erklärten Willen des, wenn auch 
an der eigenen Regierung dauernd verhinderten, so 
doch dispositionsfähigen Monarchen die Regentschaft 
übernimmt. Doch ist dies nur tatsächlich von Wert; 
staatsrechtlich übernimmt der Regent die Regentschaft 
aus eigenem Recht und aus eigener Initiative. Die 
Volljährigkeit des eventuell zur Regentschaft berufenen 
Agnaten ist mit dem vollendeten 18. Lebensjahr ge- 
geben. 
Fehlt es im Brandenburgischen Hohenzollernhause 
an einem volljährigen und selbstverständlich auch zur 
Übernahme der Regentschaft geeigneten Agnaten, so 
setzt der Verfassungsgesetzgeber voraus, daß zunächst 
vorher „gesetzliche Fürsorge“ für einen etwa notwendig 
werdenden Regentschaftsfall getroffen sein kann. „Ge- 
setzliche Fürsorge“ bedeutet einen Akt nach Art. 62 
oder 63. Subsidiär aber überträgt der Verfassungs- 
gesetzgeber dem Staatsministerium interimistisch die 
Regentschaft; doch hat dies die Kammern zu berufen, 
„welche in vereinigter Sitzung einen Regenten wählen“. 
Die Kammern sind hierbei nicht an einen bestimmten 
Kreis von Personen gebunden, haben aber schon nach 
der Wortfassung von Art. 57 nur „einen Regenten‘, 
nicht ein Kollegium von Mitregenten zu wählen. Auch 
für den Fall der „gesetzlichen Fürsorge“ gilt es, daß 
aus einem an sich nicht begrenzten Personenkreis nur 
ein Regent anzuordnen ist, da man während der Ver- 
fassungsemanation gerade die Berufung nur eines 
Regenten als eine notwendige Konsequenz des für 
Preußen geltenden „Prinzips der Einherrschaft“ an- 
gesehen hat'). „Bis zum Antritt der Regentschaft von 
seiten“ des durch die Kammern gewählten Regenten, 
d. h. bis zu dessen Annahmeerklärung der Wahl „führt 
  
ı) Rauer, Protokolle 8. 128; I. Kammer, $. 1228.
	        
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