Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 11. Die Volksvertretung. 215 
(Art. 5%). Bei 3 und 4 findet eine Durchzählung der 
Stimmen statt, und die absolute Majorität entscheidet. 
Der Landtag hat kein Selbstversammlungsrecht. 
„Der König beruft die Kammern und schließt ihre 
Sitzungen“ (Art. 51); auch kann er die Kammern ver- 
tagen, wenngleich ohne deren Zustimmung diese Ver- 
tagung die Frist von 30 Tagen nicht übersteigen und 
während derselben Session nicht wiederholt werden 
darf (Art. 52). Die Mitgliedschaft in der I. Kammer ist 
an sich lebenslänglich. Dagegen ist die Mitgliedschaft 
in der II. Kammer an sich fristgemäß beschränkt: die 
Wahlen zur II. Kammer gelten nur für eine „Legislatur- 
periode“ von 5 Jahren (Ges. v. 27. Mai 1888). Eine 
vorzeitige Abkürzung der Legislaturperiode kann der 
König durch Auflösung der II. Kammer bewirken 
Eine Auflösung der I. Kammer gibt es nicht mehr. 
Bei Auflösung der II. Kammer wird die I. Kammer 
„gleichzeitig vertagt“ (Art. 77). Es müssen aber auch 
in einem solchen Fall innerhalb eines Zeitraumes von 
60 Tagen nach der Auflösung die Wähler und inner- 
halb eines Zeitraumes von X Tagen nach der Auflösung 
die Kammern versammelt werden (Art. 51). Die Legis- 
laturperiode fängt (auch im Falle der Auflösung) von 
dem Tage an zu laufen, an welchem die Wahlmänner 
die Wahlen der Abgeordneten vornehmen; dieser Tag 
wird gleichmäßig für die ganze Monarchie vom Minister 
des Innern festgesetzt. Der König kann selbst ein 
neugewähltes Abgeordnetenhaus vor dessen erstem 
Zusammentreten auflösen. Bei jeder Neuwahl sind die 
bisherigen Abgeordneten wieder wählbar (Art. 75). Jede 
neue Legislaturperiode verleiht beiden Kammern das 
Gepräge einer neuen organischen Einheit. 
Der Tagungsort des Landtags ist nicht gesetzlich 
festgelegt. Die Krone hat daher hierin freie Wahl. 
Der Zeitraum, für welchen die Berufung des Landtags 
erfolgt, heißt „Sitzungsperiode“, „Session“; sie wird
	        
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