218 $ 11. Die Volksvertretung.
ordnung (Art. 78). Die Kammerdisziplin erstreckt sich
nur auf die Mitglieder, nicht auf die Vertreter der
Staatsregierung, es sei denn, daß diese zugleich Mit-
glieder des Hauses sind und in dieser Eigenschaft
handeln. Die Kammerdisziplin schließt die Befugnis
zur Verhängung von Disziplinarstrafen in sich, und die
Revisionskommission (II. K., S. 800) hielt dabei ein-
stimmig vorübergehende Exklusion eines Mitgliedes für
zulässig. Die Verordnung vom 12. Oktober 1854 wegen
Bildung der I. Kammer erlaubt den Ausschluß eines
Mitgliedes durch einen vom König bestätigten Beschluß
des Hauses, welcher jenem „das Anerkenntnis un-
verletzter Ehrenhaftigkeit oder eines der Würde der
Kammer entsprechenden Lebenswandels oder Ver-
haltens versagt“ ($ 9. Außerdem kann nach $ 10 durch
einen vom König genehmigten Beschluß der I. Kammer
einem Mitgliede zeitweise die Ausübung des Rechts
auf Sitz und Stimme mit Rücksicht auf eine gegen ihn
eingeleitete Untersuchung „oder aus sonstigen wichtigen
Gründen“ untersagt werden. 4. „Die Befugnis, behufs
ihrer Information Kommissionen zur Untersuchung von
Tatsachen zu ernennen“ (Art. 82). Das „Enquöäterecht“
erlaubt nicht dem ganzen Hause, sich selbst als Unter-
suchungskommission zu konstituieren; andererseits
kommen als Objekt der Untersuchungskommission
nicht bloß solche Gegenstände in Betracht, mit welchen
das Haus aus Anlaß einer Regierungsvorlage oder eines
Antrags bereits befaßt gewesen. Die Kommission darf
Zeugen und Sachverständige (uneidlich) abhören, sich
Urkunden vorlegen lassen, Staatsbehörden um Aus-
künfte oder Erledigung sonstiger Aufträge requirieren.
Doch brauchen weder die Privatpersonen noch die
Behörden den Requisitionen der parlamentarischen
Untersuchungskommission nachzukommen; ihr fehlen
die obrigkeitlichen Zwangsmittel. Die Aufgabe der
Kommission ist lediglich die Herbeischaffung und