$ 1. Entstehung des hohenzollernschen Gesamtstaates. 15
nichts verhandelt und beschlossen werden, was „der landes-
fürstlichen Hoheit“ zuwider; das dagegen fehlende Mitglied
sollte ausgeschlossen und dem Kurfürsten namhaft gemacht
werden. Wie sich jedoch alsbald die Handhabung des den
kleve-märkischen Ständen formell verbliebenen Steuerbe-
willigungsrechts in der Praxis gestaltete, zeigt die Tat-
sache, daß die Stände 1670 sich von selbst in Berlin mit
dem Antrage meldeten: „weil ihre Bewilligungen mit Weih-
nachten aufhörten und sie wohl ermessen könnten, daß
der Kurfürst auch die folgenden Jahre dieselben nöthig
habe, so bäten sie, S. K. D. möchten sich herauslassen,
wieviel sie etwa bedürften“. Und in der Folgezeit wurden
einzelne Steuern (z. B. 1682 eine Stempelsteuer, 1686 eine
Chargensteuer zugunsten der Marinekasse), wie in allen
übrigen Territorien des Großen Kurfürsten, so auch in
Kleve-Mark ohne alle ständische Befragung ausgeschrieben
und eingezogen.
Über das gegenseitige Verhältnis aller seinem
Zepter unterstehenden Länder, mochten sie dem deut-
schen Reichsverband angehören oder nicht, dachte
übrigens der Große Kurfürst bereits weiter, als es an
sich wohl der Rechtsbegriff der Personalunion mit sich
brachte. Ohne die partikuläre Staatsnatur seiner ver-
schiedenen Territorien zu leugnen, vertrat er den Stand-
punkt, daß alle seine Untertanen und Stände gleich-
mäßig an dem Schicksale der Hohenzollerndynastie
interessiert seien, daß sein eigener und seines Hauses
„Estat“, d. h. öffentlicher Rechtszustand über die Form
der reinen Personalunion hinaus das Band einer engeren
Einigung um alle Hohenzollernterritorien schlinge. Be-
rühre der Gang der politischen Ereignisse des Kur-
fürsten und seines Hauses Position in dem einen
Territorium in gefahrdrohender Weise, so übe das auch
eine Rückwirkung auf die Rechtsverpflichtungen der
Untertanen und Stände der. anderen Länder aus, und
diese seien ohne weiteres schuldig, nach Verhältnis zur
Befestigung und Erhöhung des Estats der Dynastie bei-
zutragen, andernfalls der Landesherr auch diesmal nach
dem Grundsatz, daß die Untertanen weigern, was sie
dem landesfürstlichen Amt göttlichem Willen gemäß zu