Full text: Preußisches Staatsrecht.

230 $ 12. Der-Staatsdienst. 
tionalismus gewisse Verfassungsgarantien über die ge- 
richtliche Prozedur: 'a) „die Verhandlungen vor den 
erkennenden Gerichten in Zivil- und Strafsachen sollen 
öffentlich sein“, mit der Ausnahme, daß nur bei Ge- 
fährdung der Ordnung oder der guten Sitten ein öffent- 
lich zu verkündender Gerichtsbeschluß die Öffentlich- 
keit ausschließen darf und in anderen Fällen die Öffent- 
lichkeit nur durch Gesetze beschränkt werden kann; 
b) bei Verbrechen entscheiden über die Schuld des 
Angeklagten „Geschworene, insoweit ein mit vorheriger 
Zustimmung der Kammern erlassenes Gesetz nicht 
Ausnahmen bestimmt; die Bildung des Geschworenen- 
gerichts regelt das Gesetz“. Diesen Verfassungsgrund- 
sätzen werden jetzt analog die Rechtsjustizgesetze ge- 
recht. 
Die Unabhängigkeit der durch die Gerichte nur 
formell „im Namen des Königs“ ausgeübten richterlichen 
Gewalt verstärkt die Verfassung noch durch besondere 
Garantien in Ansehung der Personen der die Richter- 
ämter versehenden Individuen. Art. 87: „Die Richter 
werden vom Könige oder in dessen Namen auf ihre 
Lebenszeit ernannt“; A.G. z. G.V.G. vom 24. April 1878, 
8 7: „Die Richter, einschließlich der Handelsrichter, 
werden vom König ernannt.“ Damit ist ausdrücklich 
gerade das Staatsoberhaupt für zuständig erklärt, namens 
des Staates den öffentlich-rechtlichen Dienstvertrag 
abzuschließen, welcher zum Versehen eines Richter- 
amts führt. Derselbe perfiziert sich noch heute durch 
Empfangnahme der über die Übertragung eines Richter- 
amts ausgefertigten Bestallung, womit auch Titel und 
Rang, welche mit dem Amt verbunden sind, erworben 
werden ($ 84, II 10 A.L.R., „Anstellung“). Die Ver- 
bindung des Richters mit seinem Amt, welche durch 
den Vertrag begründet wird, ist an sich lebenslänglich; 
nur mit freier Einwilligung beider Teile, des Staates 
und des Richters, kann ein’ neuer Vertrag behufs Über-
	        
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