16 $1. Entstehung des hohenzollernschen Gesamtstaates.
leisten haben, und daß Not kein Gebot kenne, zu ein-
seitigem zwangsweisen Vorgehen befugt sei. Dem
Auge des Großen Kurfürsten erschienen danach die
hohenzollernschen Territorien als durchaus zu gemein-
samem Schicksal verbundene membra unius capitis;
es waltete die durch die Einheit der Dynastie ver-
mittelte Idee eines alle hohenzollernschen Partikular-
staaten umschließenden hohenzollernschen Gesamt-
staates unleugbar bei dem Großen Kurfürsten bereits
vor. In diesem Sinne schuf der Große Kurfürst den
bereits 1604 gestifteten Geheimen Rat, der bisher eine
brandenburgische Behörde gewesen, durch die neue
Geheime-Ratsordnung vom 4. Dezember 1651 zur oberen
Zentralinstanz für alle seine Territorien um. Dabei
wurde naturgemäß die Zusammensetzung des Geheimen
Rats eine andere; die Königsberger Oberräte wie die
Statthalter, welche der Kurfürst an die Spitze der
Landesregierungen stellte, wurden ebenso zu Mit-
gliedern ernannt wie die ersten Generale und die be-
deutenderen auswärtigen Gesandten. Die Repräsen-
tation des hohenzollernschen Gesamtstaates gegenüber
dem nichtdeutschen Ausland nahm jedenfalls der
Große Kurfürst für sich allein in Anspruch; die klevi-
schen Stände nötigte er ebenso zum Verzicht auf einen
eigenen Verkehr mit den niederländischen General-
staaten, wie er den preußischen Ständen den eigenen
Verkehr mit Polen abgewöhnte. Der Bewohnerschaft
seiner Reichsterritorien konnte er allerdings die An-
rufung des Kaisers und der Reichsgerichte noch nicht
verwehren. Doch verhehlte er gegebenenfalls nicht
seinen entschiedenen Unwillen, wenn die Stände, statt
mit ihm selbst friedliche Verständigung zu suchen, zur
Verkleinerung seines Namens sich unmittelbar um
reichsgerichtliche Hilfe bemüht hatten. Der Verbreitung
der gesamtstaatlichen Idee kam aber insbesondere zu-
gute, daß der Große Kurfürst überall unter seinem am