Full text: Preußisches Staatsrecht.

234 $ 12. Der Staatsdienst. 
seiner Vorgesetzten gebunden. Doch hat er diesen 
Dienstbefehlen gegenüber eine Prüfungspflicht in 
formeller Hinsicht: ob die befehlende Behörde an sich 
kompetent ist, den Befehl zu erteilen; ob er als 
Adressat des Befehls an sich kompetent ist, die be- 
fohlene Handlung vorzunehmen; ob der Befehl in vor- 
schriftsmäßiger Form erteilt worden. Die Materie der 
Disziplin für die nichtrichterlichen Beamten ordnet das 
Gesetz vom 21. Juli 1852. Der Begriff des „Dienst- 
vergehens“ ist ebenso wie im Gesetz vom 7. Mai 1851 
umschrieben. Die Disziplinarstrafen bestehen: a) in 
„Ordnungsstrafen“: Warnung, Verweis, Geldbuße, gegen 
untere Beamte auch Arrest bis höchstens 8 Tage; b) in 
„Entfernung aus dem Amt“: Versetzung in ein anderes 
Amt von gleichem Rang, jedoch mit vermögensrecht- 
lichen Nachteilen oder Dienstentlassung mit Verlust 
von Titel und Pensionsanspruch. Die „Entfernung aus 
dem Amt“ erfolgt im förmlichen Disziplinarverfahren 
durch disziplinargerichtliches Erkenntnis, die „Ordnungs- 
strafen“ werden formlos von den Dienstvorgesetzten 
verhängt. Als Folge des „Aufsichtsrechts“ der Dienst- 
vorgesetzten besteht auch gegenüber nichtrichterlichen 
Beamten die für selbstverständlich erachtete, präventive 
„Mahnung an die Beamtenpflicht“, um gewisse leichtere 
Entgleisungen in Zukunft zu verhüten. Neben der 
disziplinellen Verantwortung kann natürlich auch bei 
den nichtrichterlichen Beamten Haftung nach dem ge- 
meinen Zivil- und Strafrecht in Frage kommen. Die 
Handhabung des Disziplinarstrafrechts steht im freien 
Ermessen der vorgesetzten Behörde, sowohl gegen 
nichtrichterliche wie auch gegen richterliche Beamte, 
welch .letztere nur ausnahmsweise nach .$8$ 23, 24 Ge- 
setz vom 9. April 1879 einen Rechtsanspruch auf Ein- 
leitung der förmlichen Disziplinaruntersuchung haben. 
Der Abschluß der auf das Versehen der. richter- 
lichen und nichtrichterlichen Ämter sich beziehenden
	        
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