92 81. Entstehung des hohenzollernschen (fesamtstaates.
unter Außerachtlassung der Landesfundamentalgesetze
für befugt hielt. Dagegen schlug das Hohenzollern-
königtum alsbald die Bahnen des „prinzipiellen Ab-
solutismus“ ein. Dieser, die Schöpfung eines Richelieu,
eines Ludwig XIV., leugnete nach Analogie des ab-
soluten göttlichen Weltregiments überhaupt formell
ein Recht der Stände auf Mitwirkung, ja auf Zu-
stimmung bei den fürstlichen Regierungsakten und sah
in dem Fürsten nicht bloß den, wenn auch von Gott
unmittelbar eingesetzten, so doch immerhin mensch-
lichen und andern menschlichen Rats wohl bedürftigen
Landesvater, sondern sogar den übermenschlichen, zur
willkürlich einseitigen Verfügung über alle Untertanen
und über alles tote und lebende Gut im Lande be-
rechtigten Pro-Deus. Bereits unter König Friedrich I.
zeigen sich die Spuren dieses prinzipiellen Absolutis-
mus, König Friedrich Wilhelm I. aber gerierte sich
in Wirklichkeit grundsätzlich als ein energischer Ver-
treter desselben. Nach einem treffenden Wort Sybels
war er fest davon überzeugt, „daß er der sichtbare
Statthalter Gottes auf Erden sei, durch göttliche Ver-
ordnung mit den Rechten begabt, welche Samuel den
Israeliten aufzählt, als sie von ihm die Einsetzung eines
Königs begehren“. Alle auf ihn gekommenen und von
ihm erworbenen Länder galten ihm ohne Unterschied
als „Provinzen“ seines „Reiches“, in welchem er kraft
Gottes Einsetzung der im Grunde allein befehlende,
souveräne Herr sei. Neben ihm war nirgends Platz für
einen „Vice-Roi“ oder etwa für ein ständisches „Con-
dominat“. Principia Republicana, mochten sie ihm aus
den Kreisen der Stände oder der Stadtverwaltungen
entgegentreten, duldete er nicht. Zwar erteilte er bei
seinem Regierungsantritt den partikulären Landständen
eine allgemein gehaltene Bestätigung der Landes-
privilegien und zeigte sich auch anfangs nicht ab-
geneigt, ständische Zusammenkünfte zu genehmigen,