$ 1. Entstehung des hohenzollernschen Gesamtstaates. 27
sächliches Machtverhältnis. Der Landadel namentlich,
welcher in der letzten Zeit das führende Element der
partikulären Landstände gebildet, empfand seine Zurück-
drängung nicht nur von der Bestimmung der Politik
des hohenzollernschen Gesamtstaates, sondern auch von
der Verwaltung seines speziellen Vaterlandes als
schwere Rechtskränkung. Gleich nach der Thron-
besteigung Friedrichs II. äußerte sich daher bei den
Ständen mit Lebhaftigkeit die Erwartung einer Restitu-
tion in die früheren Gerechtsame. Bei der Königs-
berger Huldigung bezeichnete der für die Stände das
Wort führende Landesdirektor von der Groeben in
Gegenwart des neuen Königs es direkt „als eine irrende
Staatskunst, einen verweigerten Landtag den Anwachs
unumschränkter Macht und Oberherrschaft zu nennen“
und ohne Landtage wirksam der Landesnot vorbeugen
zu wollen. Doch dachte Friedrich II. nicht daran, sich
selbst der Unumschränktheit der fürstlichen Gewalt,
welche sein Vater tatsächlich begründet, im Grunde
zu begeben. Erverstand es, aufandere Artalle Schichten
der Bevölkerung seines Gesamtstaates mit der Hohen-
zollernabsolutie vollkommen auszusöhnen. Friedrich LI.
ließ zwar die hergebrachte offizielle Phraseologie, welche
den Hohenzollernkönig „Landesvater“ und „von Gottes
Gnaden“ nannte, auch während seiner Regierung be-
stehen; gelegentlich nannte er sich selbst wegen seines
Summepiskopatrechts über seine protestantischen Unter-
tanen sogar vicarius Christi. Nichtsdestoweniger setzte
er in Wahrheit den prinzipiellen Absolutismus seines
Vaters nicht fort. Mit ihm begann ein neues Regierungs-
system — „der aufgeklärte Despotismus“. Statt den
letzten Grund seiner absoluten Herrschergewalt un-
mittelbar im göttlichen Willen zu suchen, knüpfte
Friedrich II. in dieser Hinsicht an die naturrechtliche
Idee des „bürgerlichen Vertrags“ an. Er war über-
zeugt, daß auch bei der Verfassungsform der Monarchie,