48 8 2. Das Staatsrecht des Allgemeinen Landrechts.
Verordnungen ihrem völligen Inhalte nach an den ge-
wöhnlichen Orten öffentlich angeschlagen und im Aus-
zuge in den Intelligenzblättern der Provinz, für welche
sie gegeben sind, bekannt gemacht werden,“ so ist
damit nur die Publikationsweise für solche Verord-
nungen bestimmt, welche Provinzialgesetze oder dar-
über hinaus „allgemeine Gesetze“ ($ 21 Einl.) waren;
der Relativsatz, „für welche sie gegeben sind“, ist mit
„alle gesetzliche Verordnungen“ zu verbinden. Die
Frage der Publikation von Gemeinheitsstatuten und
Privilegien regelte sich wohl von Fall zu Fall. Die Be-
kanntgabe eines Privilegs an das Publikum konnte dem
Privilegierten selbst überlassen sein. Doch erachtet
$ 12 einen jeden Einwohner des Staates für verbunden,
sich um die Gesetze, welche ihn oder sein Gewerbe
und seine Handlungen betreffen, genau zu erkundigen,
und statuiertim Anschlußdaran die zwingende Rechts-
norm: „Es kann sich niemand mit der Unwissenheit
eines gehörig publizierten Gesetzes entschuldigen.“
Der Gesetzesbegriff des A.L.R. ist durchaus ein
materieller, d. h. durch einen Rechtsnorminhalt be-
dingt. Bisweilen gebraucht das A.L.R. den Aus-
druck „Gesetz“ schlechthin als gleichbedeutend mit
Rechtsnorm (z. B. $ 60 Einl.), also das Gewohnheits-
recht einschließend. Aber spezifisch geht das Gesetz
auf die Äußerungen der potestas legislatoria. Der land-
rechtliche Gesetzesbegriff wird spezifisch durch eine
gesetzte Norm für äußere, freie menschliche Hand-
lungen erfüllt, welche in der Norm eine originäre Ord-
nung nach dem Gesichtspunkt der Einheit finden. Daß
die im Gesetzesbegriff enthaltene Norm in dem Sinne
eine „allgemeine“ sei, daß sie sich auf eine unbestimmte
Anzahl von Fällen anwenden lassen müsse, erfordert
der landrechtliche Begriff nicht. Die Entwicklung der
Hohenzollernmonarchie zu Ausgang des 18. Jahrlıunderts
kennt bereits, wie auch die?Stellung des’A.L.R. zu dem