Full text: Preußisches Staatsrecht.

S 2. Das Staatsrecht des Allgemeinen Landrechts. 57 
Generaldirektoriums im allgemeinen durch die Kriegs- 
und Domänenkammern bearbeitet, alsderen Unterorgane 
die Landräte auf dem platten Lande und die Kriegs- 
und Steuerräte in den Städten fungierten. 
Während des 18. Jahrhunderts hatten die Hohen- 
zollernkönige noch persönlich mannigfach bei recht- 
lichen Parteistreitigkeiten durch sogenannte „Macht- 
sprüche“ in den Gang der Prozedur eingegriffen. Erst 
1752 bekannte sich Friedrich der Große feierlich zu dem 
Prinzip, „den Lauf der Prozesse niemals zu stören: in 
den Gerichtshöfen müssen die Gesetze sprechen, und 
der Souverän muß schweigen.“ Doch blieb dieser Satz 
noch im Corpus Juris Fridericianum vom 26. April 1781 
nur ein Prinzip, das Ausnahmen nicht schlechthin aus- 
schloß, und das nämliche Resultat galt auch zunächst 
für die Allgemeine Gerichtsordnung vom 6. Juli 179. 
Vergeblich war das Bemühen von Suarez geblieben, 
im A.L.R. eine ausdrückliche allgemeine Kraftlos- 
erklärung von landesherrlichen Machtsprüchen in strei- 
tigen Fällen durchzusetzen. Erst das Publikandum vom 
14. Februar 1810 erklärte endgültig: „In rechtskräftig 
abgeurtheilten Rechtsstreitigkeiten dürfen die Parteien 
S.K.M. und das Ministerium garnicht mit Beschwerden 
behelligen.“ 
Auf kriminalrechtlichem Gebiet behielt sich dagegen 
der König persönlich im A.L.R. selbst nicht nur das 
Recht der Begnadigung, insbesondere der Straf- 
milderung, sondern auch die Bestätigung besonders 
schwerer Kriminalurteile vor. Bei dieser Bestätigung 
fungierte der König auch rechtlich als Richter, das 
voraufgehende richterliche Erkenntnis war zunächst 
nur ein unverbindliches Gutachten. Von einem landes- 
herrlichen Strafschärfungsrecht schwieg freilich das 
A.L;R.; doch hat das Hohenzollernkönigtum ein solches 
auch nach dem A.L.R. in Anspruch genommen und ge- 
handhabt.
	        
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