68 $ 3. Die Entstehung des preußischen Einheitsstaates.
begründete Einschränkung und Suspension gewisser t8-
herrlicher Rechte fallen gänzlich weg.“ „$2: Freie Wahl
des Gewerbes. Jeder Edelmann ist, ohne allen Nachteil
seines Standes, befugt, bürgerliche Gewerbe zu betreiben;
und jeder Bürger oder Bauer ist berechtigt, aus dem
Bauer- in den Bürger- und aus dem Bürger- in den
Bauernstand zu treten.“ Auch die letzten im A.L.R. noch
in der Form der Erbuntertänigkeit der Gutsuntertanen
beibehaltenen Reste persönlicher Unfreiheit wurden be-
seitigt. $ 12: „Mit dem Martinitage 1810 hört alle Guts-
unterthänigkeit in Unseren Staaten auf. Nach dem
Martinitage 1810 giebt es nur freie Leute. so wie solches
auf den Domänen in allen Unseren Provinzen schon der
Fall ist.“ In Wegfall kam insbesondere auch die A.L.R.
II 9 $ 1 dem Adel beigelegte Aufgabe der „Vertheidigung
des Staats“. In Erwägung. daß „die allgemeine An-
strengung Unseres treuen Volks ohne Ausnahme und
Unterschied in dem soeben glücklich beendeten Kriege
die Befreiung des Vaterlands bewirkt hat, und nur auf
solchem Wege die Behauptung dieser Freiheit und der
ehrenvolle Standpunkt, den sich Preußen erwarb, fort-
während zu sichern ist“, bestimmte das Gesetz vom
3. September 1814 betr. die allgemeine Verpflichtung zum
Kriegsdienst: „$ 1: Jeder Eingeborene, sobald er das
20. Jahr vollendet hat, ist zur ertheidigun des Vater-
lands verpflichtet.“ Gegen den $ 35, II 9 A.L.R. richtete
sich das Reglement vom 6. August 1808: „Einen Anspruch
auf Offizierstellen sollen von nun an in Friedenszeiten
nur Kenntnisse und Bildung gewähren, in Kriegszeiten
ausgezeichnete Tapferkeit und Überblick. Aus der ganzen
Nation können daher alle Individuen, die diese Eigen-
schaften besitzen, auf die höchsten Ehrenstellen im Militair
Anspruch machen. Aller bisher stattgehabte Vorzug des
Standes hört beim Militair ganz auf, und jeder ohne Rück-
sicht auf seine Herkunft hat gleiche Pflichten und gleiche
Rechte.* Hinsichtlich der Zivilämter unterblieb zwar
eine analoge Bestimmung. Aber das $ 36, II 9 vor-
behaltene Auswahlrecht des Landesherrn ermöglichte es
hier der einfachen Staatsepraxis, das Vorzugsrecht des
Adels antiquieren zu lassen.
2. Das Stadtverfassungsrecht des A.L.R. war wegen
des subsidiären Charakters des Gesetzbuchs nur in be-
scheidenem Umfange wirklich geltend geworden. Tat-
sächlich beruhte die Verfassung der einzelnen Städte in
der Hauptsache auf besonderen seit König Friedrich
Wilhelm I. ergangenen Verordnungen (sog. rathäuslichen
Reglements), Die Hohenzollernabsolutie behandelte die
Stadtgemeinden als bloße von der Staatsgewalt zur Er-
leichterung der Administration angeordnete Abteilungen