80 $3. Die Entstehung des preußischen Einheitsstaates.
samkeit der Landesrepräsentanten erstreckt sich auf
die Berathung über alle Gegenstände der Gesetzgebung,
welche die persönlichen und Eigenthumsrechte der
Staatsbürger mit Einschluß der Besteuerung betreffen“
($ 4). Die 1819 mit den Karlsbader Konferenzen ein-
setzende Reaktion hintertrieb indessen die volle Durch-
führung der Verordnung vom 22. Mai 1815. In dem
Gesetz vom 5. Juni 1823 ordnete der König nur „Pro-
vinzialstände im Geiste der älteren deutschen Ver-
fassung, wie solche die Eigenthümlichkeit des Staats
und das wahre Bedürfniß der Zeit erfordern“, an. Die
weitere Bestimmung, „wann eine Zusammenberufung
der allgemeinen Landstände erforderlich sein wird, und
wie sie dann aus den Provinzialständen hervorgehen
sollen“, blieb der landesväterlichen Fürsorge vor-
behalten. „Die Provinzialstände sind das gesetzmäßige
Organ der verschiedenen Stände Unserer getreuen
Unterthanen in jeder Provinz. Dieser Bestimmung
gemäß werden Wir 1) die Gesetzentwürfe, welche allein
die Provinz angehen, zur Berathung an sie gelangen,
ihnen auch 2) solange keine allgemeine ständische Ver-
sammlungen stattfinden, die Entwürfe solcher all-
gemeiner Gesetze, welche Veränderungen in Personen-
und Eigenthumsrechten und in den Steuern zum Gegen-
stande haben, soweit sie die Provinz betreffen, zur Be-
rathung vorlegen lassen“ ($ 3). Auf Grund des Gesetzes
vom 5. Juni 1823 riefen acht Spezialgesetze in den
Jahren 1823 und 1824 die Provinzialstände für die
einzelnen Provinzen der Monarchie ins Leben. Die
Provinzialstände waren nicht mehr zur Repräsentation
von Geburtsständen, sondern der Berufsstände der.preußi-
schen Bevölkerung bestimmt: nämlich des „Standes der
Ritterschaft“, des „Standes der Städte“, des „Standes
der Landgemeinden“. Streng wurde auch das Prinzip
festgehalten, daß jeder Stand nur durch Abgeordnete
vertreten werden könne, „die ihren Berufs- und Lebens-