86 $S 4. Der preuß. Einheitsstaat als konstit. Monarchie.
Versammlungs- und Vereinsfreiheit fortan die Unab-
hängigkeit der Ausübung staatsbürgerlicher Rechte von
dem religiösen Glaubensbekenntnis ($ 5) und „den künf-
tigen Vertretern des Volks jedenfalls die Zustimmung
zu allen Gesetzen, sowie zur Festsetzung des Staats-
haushaltsetats und das Steuerbewilligungsrecht“ ($ 6).
Außerdem erging „nach Anhörung“ und Zustimmung
des II. V.L.T. das Wahlgesetz, für die zur Vereinbarung
der preußischen Staatsverfassung zu berufende Ver-
sammlung, vom 8. April 1848, welches auf Grund all-
semeiner gleichmäßiger Bezirkswahlen, doch mit in-
direktem Wahlmodus die Bildung „einer wirklichen
Repräsentation des Volks“ — „bestimmt, sich mit der
Krone über Inhalt und Form der dem Preußenvolk ver-
heißenen freien Verfassung zu vereinbaren“, aber „der
Natur ihrer vorübergehenden Aufgabe nach eine Thei-
lung in Kammern nicht zulassend“ — anordnete.
8$ 13: „Die auf Grund des gegenwärtigen Gesetzes
zusammentretende Versammlung ist dazu berufen, die
künftige Staatsverfassung durch Vereinbarung mit der
Krone festzustellen, und die seitherigen reichsständischen
Befugnisse, namentlich in Bezug auf die Bewilligung von
Steuern und Staatsanleihen, für die Dauer ihrer Ver-
sammlung interimistisch auszuüben.“
Das hiermit gesetzmäßig anerkannte Verfassungs-
Vereinbarungs-Prinzip blieb auch zunächst die Grund-
lage für das weitere Verfahren der Staatsregierung.
Trotz gefährlicher Demonstrationen, welche die Regie-
rung vermögen wollten, „das Wahlgesetz aus eigner
Machtvollkommenheit zu verändern, namentlich das
indirekte Wahlsystem in das direkte zu verwandeln“,
ließ sich die Regierung nicht vom Pfade „der Gesetz-
lichkeit“ zu einem derartigen „diktatorischen“ Eingreifen
abdrängen. „Wie das Wahlgesetz rechtlich bestand,
kam es auch thatsächlich zur Ausführung“: am 22. Mai
1848 trat die sogenannte Nationalversammlung in Berlin
zusammen. Über die Rechtsstellung derselben ergab