90 $. 4. Der preuß. Einheitsstaat als konstit. Monarchie.
Sanktion. Ihre Rechtsanschauung über die der Krone
auch nach Annahme des konstitutionellen Systems ge-
bührende Stellung wahrte die Staatsregierung auch in
ihrem „Entwurf eines Verfassungsgesetzes für den
preuß. Staat“ vom 20. Mai 1848. Obwohl für die Fassung
der einzelnen Artikel der Wortlaut der belgischen Kon-
stitution vom 7. Februar 1831 stark vorbildlich war,
knüpfte man doch der Sache nach an die bisherigen
staatsrechtlichen Hauptgrundsätze des preußischen Ein-
heitsstaates an und gab den Bestimmungen des ge-
planten Verfassungsgesetzes nur die Bedeutung von
zeitgemäßen, die Seite der Ausübung der Staatsfunk-
tionen berührenden Modifikationen der bisherigen, die
Emanation des Staatswillens fundamental regulierenden
Rechtsvorschriften, wie solche namentlich in II 13 A.L.R.
enthalten waren.
Den Kern der belgischen Konstitution vom 7. Febr.
1831 bildet Tit. III Des pouvoirs. Hierselbst steht an
der Spitze der a. 25: Tous les pouvoirs emanent de la
nation, und die folgenden a. 26-30 bezeichnen in dem
König, dem Senat, der Repräsentantenkammer und den
Gerichten die verschiedenen Organe, welche nur zur Aus-
übung der drei an sich beim souveränen Volk ruhenden
Gewalten (lögislatif, executif, judiciaire) berufen sind.
Dem belgischen König steht überhaupt nur ein Ag-
gregat beschränkter Be isse zu (les pouvoirs constitu-
tionels du roi), von welchen es a. 78 heißt: le roi n’a
d’autres pouvoirs que ceux que lui attribuent formelle-
ment la constitution et les lois particulieres portdes en
vertu de la constitution möme. „Vom Thron“ kann ein
neuer König erst dann Besitz ergreifen, wenn er im
Schoße beider hier mit dem Selbstversammlungsrecht aus-
estatteten Kammern den Eid auf la constitution et les
ois du peuple beige geleistet hat (a. 80); A dater de la
mort du roi et jusqu’& la prestation du serment de son
successeur au tröne ou du reögent, les pouvoirs constitu-
tionels du roi sont exerces, au nom du peuple belge,
per les ministres r6unis en conseil, et sous leur responsa-
ilit6 (a. 79. Hinsichtlich der Ausübung des Gesetz-
gebungsrechts erscheinen König, Senat und Repräsen-
tantenkammer als im Grunde gleichberechtigte trois
branches du pouvoir legislatif (a. 27). Daher hat der
König auch neben beiden Kammern das Recht der posi-