Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XVIII. Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen. 987 
falls auch die Bewachung der milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen (8. 1 
Abs. 2 des Gesetzes) Thiere anzuordnen (§. 19 des Gesetzes). 
§. 6. Erfolgt die Ermittelung des Seuchenausbruches oder des Seuchenverdachtes 
in Abwesenheit des leitenden Polizeibeamten, so hat der beamtete Thierarzt (5. 2 
Abs. 3 des Gesetzes) die sofortige Absonderung der milzbrandkranken oder der Seuche 
verdächtigen Thiere vorläufig anzuordnen. Von einer solchen durch ihn getroffenen 
Anordnung, welche dem Besitzer der Thiere oder dessen Vertreter entweder zu 
Protokoll oder durch schriftliche Verfügung zu eröffnen ist, hat der beamtete Thierarzt 
der Polizeibehörde sofort eine Anzeige zu machen. 
§. 7. Die Polizeibehörde und der beamtete Thierarzt haben dafür Sorge zu 
tragen, daß der Besitzer der milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thiere, 
beziehentlich der Vertreter des Besitzers, auf die Uebertragbarkeit des Milzbrandes auf 
Menschen und auf die gefährlichen Folgen eines unvorsichtigen Verkehrs mit den 
erkrankten Thieren und der Benutzung ihrer Produkte aufmerksam gemacht wird. 
Personen, welche Verletzungen an den Häuden oder an anderen unbedeckten 
Körpertheilen haben, dürfen zur Wartung der erkrankten Thiere nicht verwendet werden. 
Unbefugten Personen ist der Zutritt zu den für die kranken oder der Seuche 
verdächtigen Thiere bestimmten Räumlichkeiten nicht zu gestatten. 
8. 8. Thiere, welche am Milzbrande erkrankt oder dieser Seuche verdächtig sind, 
dürsen nicht geschlachtet werden (§. 31 des Gesetzes). 
Jeder Verkauf oder Verbrauch einzelner Theile, der Haare, der Wolle, der Milch 
oder sonstiger Produkte von milzbrandkranken oder der Seuche verdächtigen Thieren 
ist zu verbieten. 
§. 9. Wenn in einem weniger als zwanzig Stück enthaltenden Rindvieh= oder 
Schasviehbestande eines Gehöftes innerbalb acht Tagen mehr als ein Thier am 
Milzbrande erkrankt, so dürfen innerhalb der nächstfolgenden vierzehn Tage Thiere des 
betreffenden Bestandes ohne polizeiliche Erlaubniß weder todt noch lebend über die 
Grenzen der Feldmark ansgeführt werden. 
Dieselbe Vorschrift findet Anwendung auf die Thiere eines zwanzig oder mehr 
Stück enthaltenden Rindvieh= oder Schasviehbestandes eines Gehöftes, sowie auf die 
Thiere einer aus Rindern oder Schafen mehrerer Gehöfte bestehenden Heerde, wenn 
in einem Bestande beziehentlich in der Heerde innerhalb acht Tagen mehr als der 
zebnte Theil am Milzbrande erkrankt. Wird die Erlanbniß zur Ueberführung der 
Thiere in einen andern Poltzeibezirk ertheilt, so ist die betreffende Polizeibehörde von 
der Sachlage in Kenntuiß zu setzen. 
§. 10. Die Vornahme blutiger Operationen an milzbrandkranken oder der 
Seuche verdächtigen Thieren ist nur approbirten Thierärzten gestattet und darf erst 
nach der erfolgten Absonderung der Thiere stattfinden. 
Eine Oeffnung des Kadavers darf ohne polizeiliche Erlaubniß nur von approbirten 
Thierärzten vorgenommen werden (§. 32 des Gesetzes). 
§. 11. Die Kadaver gefallener oder getödteter am Milzbrande kranker oder dieser 
Seuche verdächtiger Thiere müssen durch Anwendung hoher Hitzegrade (Kochen bis 
zum Zerfalle der Weichtheile, trockene Destillation, Verbrennen) oder sonst auf 
chemischem Wege sofort unschädlich beseitigt werden. Die hierdurch gewonnenen 
Produkte können frei verwendet werden. Wo ein derartiges Verfahren nicht ausführbar 
ist, erfolgt die Beseitigung der Kadaver durch Vergraben. Zur Vergrabung der 
Kadaver sind solche Stellen auszuwählen, welche von Pferden, Wiederkäuern und 
Schweinen nicht betreien werden, und an welchen Viehfutter oder Streu weder ge- 
worben, noch vorübergehend aufbewahrt wird!). Die Gruben sind möglichst abgelegen 
und von Gebäuden und Gemässern mindestens 30 m, von Wegen mindestens 3 uu 
entfernt und so tief anzulegen, daß die Oberfläche der Kadaver von einer unterhalb 
des Randes der Grube mindestens 1 m starken Erdschicht bedeckt ist. 
Die Abhäutung der Kadaver ist verboten (§. 33 des Gesetzes). Vor dem Ver- 
graben sind die Häute der Kadaver durch mehrfaches Zerschneiden unbrauchbar zu 
machen, und die Kadaver selbst mit Theer, Petroleum oder roher Karbolsäure zu 
übergreßen. 
1) Die Geeignetheit der Verscharrungsplätze ist der Beurtheilung beamteter 
Thierärzte zu unterwerfen, Res. 15. Okt. 1888 (M. f. L.-I. 10863).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.