1024 Abschnitt XIX. Enteignungs-Gesetz.
ist. In diesem Falle wird die Zulässigkeit der Enteignung von dem Bezirks-
Ausschusse ) ausgesprochen. v
4. Vorübergehende Beschränkungen werden von dem Bezirks-Ausschusse
angeordnet.
Dieselben dürfen wider den Willen des Grundeigenthümers die Dauer
von drei Jahren nicht überschreiten. Auch darf dadurch die Beschaffenheit des
Grundstücks nicht wesentlich oder dauernd?) verändert werden. Zur Ueber-
schreitung dieser Grenzen bedarf es eines nach §. 2 eingeleiteten und durch-
geführten Enteignungsverfahrens. „
Gegen den Beschluß des Bezirks-Ausschusses in den Fällen der §§. 3 und
4 steht, innerhalb 2 Wochen nach der Zustellung, jedem Betheiligten die
Beschwerde an den Minister der öffentlichen Arbeiten offen.
§. 5. Handlungen, welche zur Vorbereitung eines die Enteignung recht-
fertigenden Unternehmens erforderlich sind, muß auf Anordnung des Be:zirks-
Ausschusses der Besitzer auf seinem Grund und Boden geschehen lassen. Es
ist ihm jedoch der hierdurch etwa erwachsende, nöthigenfalls im Rechtswege
festzustellende Schaden zu vergüten. Zur Sicherstellung der Entschädigung darf
der Bezirks-Ausschuss vor Beginn der Handlungen vom Unternehmer eine
Kaution bestellen lassen und deren Höhe bestimmen. kEr ist hierzu verpflichtet,
wenn ein Betheiligter die Kautionsstellung verlangt?).
Die Gestattung der Vorarbeiten") wird von dem Bezirks-Ausschusse im
Regierungs-Amtsblatte Vererrl bekannt gemacht. Von jeder Vorarbeit hat
der Unternehmer unter Bezeichnung der Zeit und der Stelle, wo sie stattfinden
soll, mindestens zwei Tage zuvor den Vorstand des betreffenden Guts= oder
Gemeindebezirks in Kenntniß zu setzen, welcher davon die betheiligten Grund-
besitzer speziell oder in ortsüblicher Weise generell benachrichtigt. Dieser Vor-
stand ist ermächtigt, dem Unternehmer auf dessen Kosten einen beeidigten Taxator
zu dem Zwecke zur Seite zu stellen, um vorkommende Beschädigungen sogleich
Zu Anmerkung 4 auf S. 1023.
den Enteignungsfälle sowohl für die Bemessung und Feststellung der Entschädigung
wie für Vollziehung der Enteignung die in die §§. 7 —14 und 24 ff. des Enteignungs-
gesetzes enthaltenen Bestimmungen insoweit Anwendung, als die Vorschriften des
Fluchtliniengesetzes nicht ausdrücklich entgegenstehen. Vergl. Erk. R. G. 24. Juni
1880 (J. M. Bl. 1881 S. 70). Die Annahme dieses Erk., daß es auch in diesen
Fällen zur Enteignung Kgl. Vd. bedarf, ist unzutreffend, vergl. E. K. X. 315.
1) Die Befugnisse in Enteignungssachen, welche durch den F. 56a dieses
Gesetzes dem Regierungs-Präsidenten, durch §. 56b dem Verwaltungsgerichte, sowie
durch §§. 142 ff. des allgemeinen Bergges. 24. Juni 1865 der Regierung beigelegt find,
werden fortan von dem Bezirks-Ausschuß bezw. von dem Regierungs-
Präsidenten wahrgenommen gemäß §. 150 Zust. Ges. 1. Aug. 1883. Für Berlin
tritt an Stelle des Bezirks-Ausschusses die erste Abtheilung des Polizeipräsidiums.
3) Wesentliche Veränderungen sind solche, die die Substanz des Grundstückes
selbst beeinträchtigen, Rekursbesch. 10. Nov. 1876 und 27. Jan. 1878 bei Seydel
S. 35; dauernde solche, die die Wiederherstellung des früheren Zustandes ausschließen
Rekursbesch. 30. Okt. 1879 das. S. 36. "
2) Der Fiskus ist nach 8. 41 von der Kautionsleistung befreit.
!) Diese Vorschrift bezieht sich lediglich auf die Regelung des Verhältnisses
zwischen dem Unternehmer und den Grundbesitzern, läßt aber die Frage unberührt,
ob und von welcher Behörde überhaupt für bestimmte Unternehmen die Erlaubniß
zur Vornahme der Vorarbeiten zu ertheilen ist. Diese Erlaubniß ist auch jetzt noch
bei derjenigen Behörde nachzusuchen, welche zu deren Gewährung vor Erlaß des Ges.
11. Juni 1874 befugt war. Die Erlaubniß zur Vornahme von Vorarbeiten zur
Ausführung von Eisenbahnanlagen (aber nicht von Kleinbahnen, hier wird in finn-
gemäßer Anwendung des §. 15 dieses Ges. der Regierungspräsident zuständig sein)
wird nach wie vor von dem Minister der öffentlichen Arbeiten ertheilt und erst auf
Grund dieser Erlaubniß vermag der Unternehmer die Gestattung des Betretens von
fremdem Grund und Boden bei dem Bezirks-Ausschusse nachzusuchen, welcher das
Ersorderliche nach Maßgabe des §. 5 zu veranlassen hat, Res. 22. Okt. 1874 (M. Bl.
S. 241).