Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XIX. Enteignungs-Gesetz. 1041 
§. 381). Ist nur ein Theil eines Grundbesitzes enteignet, so stehen der 
Auszahlung der für den enteigneten Theil bestimmten Entschädigungssumme 
die auf dem gesammten Grundbesitz haftenden Hypotheken und Grundschulden 
nicht entgegen, wenn dieselben den fünfzehnfachen Betrag des Grundsteuer- 
Reinertrages des Restgrundbesitzes nicht übersteigen. Reallasten, welche der 
Eintragung in das Grundbuch bedürfen, werden hierbei den Hypotheken gleich 
geachtet und in entsprechender Anwendung der bei nothwendigen Subhastationen 
geltenden Grundsätze zu Kapital veranschlagt. 
Auch wird bei einer solchen theilweisen Enteignung die Auszahlung der 
für den enteigneten Theil bestimmten Entschädigungssumme durch nicht einge- 
tragene Reallasten, Fideikommiß-, Stammgut-, Lehn= oder Leiheverband des 
gesammten Grundbesitzes nicht gehindert, wenn die gedachte Entschädigungs- 
summe den fünffachen Betrag des Grundsteuer-Reinertrages des gesammten 
Grundbesitzes und auch die Summe von dreihundert Mark nicht übersteigt. 
Die Auszahlung laufenoer Nutzungen der Entschädigungssumme kann ohne 
Rücksicht auf die vorgedachten Realverhältnisse erfolgen. 
IV. Allgemeine Bestimmungen. 
§. 39. Alle Vorladungen und Zustellungen im Enteignungsverfahren sind 
gültig, wenn sie nach den für gerichtliche Behändigungen bestehenden Vorschriften 
erfolgt sind:). Die vereideten Verwaltungsbeamten haben dabei den Glauben 
der zur Zustellung gerichtlicher Verfügungen bestellten Beamten. 
§. 40. Verwaltungsbehörden und Gerichte haben die Beweisfrage unter 
Berücksichtigung aller Umstände nach freier Ueberzeugung?) zu beurtheilen. 
z. 41. Wo dieses Gesetz dic Anordnung einer Kaution vorschreibt oder 
zuläßt, ist gleichwohl der Fiskus von der Kautionsleistung frei?. 
§. 42. Wenn der Unternehmer von dem ihm verliehenen Enteignungsrechte 
nicht binnen der im §. 21 gedachten Zeit Gebrauch macht, oder von dem Unter- 
nehmen zurücktritt, bevor die Festsetzung der Entschädigung durch Beschluß des 
Bezirks-Ausschusses erfolgt ist, so erlischt jenes Rechts). Der Unternehmer 
haftet in diesem Falle dem Entschädigungsberechtigten im Rechtswege für die 
Nachtheile, welche denselben durch das Enteignungsverfahren erwachsen sind. 
Tritt der Unternehmer zurück, nachdem bereits die Feststellung der Ent- 
schädigung durch Beschluß des Bezirks-Ausschusses erfolgt ist, so hat der Eigen- 
thümer die Wahl, ob er lediglich Ersatz für die Nachtheile, welche ihm durch 
das Enteignungsverfahren erwachsen sind, oder Zahlung der festgestellten Ent- 
schädigung gegen Abtretung des Grundstücks geeignetenfalls nach vorgängiger 
Durchführung des in §. 30 gedachten Prozehvenfahrens im Rechtswege be- 
anspruchen will?). 
§. 43. Die Kosten?) des administrativen Verfahrens s) trägt der Unter- 
  
  
—.. 
1) §. 38 findet auch Anwendung auf die Auszahlung vereinbarter Entschädigungs- 
summen, falls trotz der Vereinbarung das Enteignungsverfahren durchgeführt wird 
(ss. 16, 26). 
" 2) Vergl. C. P. O. S§. 152 ff., 186—190; Ausf. Ges. 24. März 1879 (G. S. 
S. 281) S. 1. 
2) Die Verwaltungsbehörden und Gerichte haben insbesondere auch das Ergebniß 
der Begutachtung durch Sachverständige und die Abschätzungen derselben nach freiem 
Ermessen zu würdigen, desgleichen die Frage, zu welchem Zinsfuße jährliche Nutzungen 
zu kapitalisiren sind. Sie sind insbesondere an die Vorschrift in A. L. R. I. 11 
8. 841 nicht gebunden, Erk. R. G. 19. Sept. 1883 (J. M. Bl. 1884 S. 44). 
41) Die Befreiung erstreckt sich jedoch nicht auf die vom Fiskus verwalteten Privat- 
eisenbahnen; desgl. nicht auf den Reichsfiskus. · 
5) Der Unternehmer behält in diesem Falle das durch Kgl. Vd. allgemein ver- 
liehene Enteignungsrecht, muß aber behufs dessen Ausführung die Wiederholung des 
ganzen Verfahrens, einschl. der Planfeststellung nachsuchen. # 
5) Die Enteignungsbehörde hat die Löschung der im §. 24 Abs. 4 vorgeschriebenen 
Vormerkung im Grundbuche zu beantragen. · 
7)DiebeidemadministrativenBerfahrcninEutetgnungstchMMtstehcnden 
Kopialien sind nicht als Auslagen im Sinne des §. 43 anzusehen und demzufolge 
Zlling-Kaut, Handbuch I, 7. Aufl. 66
	        
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