Abschnitt XX. Straßen= und Baufluchten-Gesetz. 1055
des §. 12 eintretenden Beschränkung der Baufreiheit überhaupt nicht ) und
wegen Entziehung oder Beschränkung des von der Festsetzung neuer) Flucht-
linien betroffenen Grundeigenthums nur in folgenden Fällen gefordert werden:
1. wenn die zu Straßen und Plätzen bestimmten Grundflächen auf Ver-
langen der Gemeinde für den öffentlichen Verkehr abgetreten werden;
2. wenn die Straßen= oder Baufluchtlinie vorhandene Gebäude?) trifft und
das Grundstück bis zur neuen Fluchtlinie von Gebäuden freigelegt wird;
3. wenn die Straßenfluchtlinie einer neu anzulegenden Straße ein unbe-
bautes, aber zur Bebauung geeignetes Grundstück trifft, welches zur
Zeit der Feststellung dieser Fluchtlinie an einer bereits bestehenden und
für den öffentlichen Verkehr und den Anbau fertig gestellten anderen
Straße belegen ist, und die Bebauung in der Fluchtlinie der neuen
Straße erfolgt 0.
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Zu Anmerkung 3 auf S. 1054.
Stellung des Antrages auf Einleitung des durch §. 24 cit. angeordneten Verfahrens
angehalten werden, Erk. R. G. 15. Jan. 1880 (E. Civ. I. 171). Vergl. E. Civ.
XXI. 216. Abgesehen hiervon ist es in der Regel von dem Ermessen der Gemeinde
abhängig, ob und wann sie die für eine neue Straße bestimmten Grundstücke an
ch ziehen will; die Eigenthümer sind aber nur in den beiden unter Ziffer 2 und 3
aufgeführten Fällen berechtigt, ihrerseits das Begehren um Uebernahme der Grund-
stücke durch die Gemeinde zu stellen. Im Falle der Ziffer 2, ebenso wie in dem
der Ziffer 3 ist von Seiten der Gemeinde nur für die Bodenfläche Vergütung zu
leisten, auf deren Wiederbebauung bezw. Neubebauung verzichtet werden muß und
dieser Anspruch ist im Falle der Ziffer 2 nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes
durch eine vorgängige wirkliche Niederlegung der auf der abzutretenden Bodenfläche
befindlichen Gebäude bedingt, Erk. 25. März 1881 (E. Civ. V. 214). Er findet
jedoch auch dann statt, wenn die von dem Eigenthümer beabsichtigte Wiedererrichtung
eines durch Brand oder ein anderes Naturereigniß zerstörten Gebändes durch eine
nach diesem Ereigniß vorgenommene neue Fluchtlinienfestsetzung vereitelt wird,
E. Civ. XXI. 212.
Dem Verlangen des Eigenthümers einer an öffentlicher Straße belegenen, von
einer neu festgestellten Fluchtlinie durchschnittenen und dadurch gänzlich unbrauchbar
gewordenen Baustelle, ihm dieselbe gegen Entschädigung abzunehmen, kann nicht ent-
gegengehalten werden, daß die Entschädigung nach 8. 13 Nr. 3 von einer Erbauung
des Grundsiückes in der Fluchtlinie der neuen Straße abhängig ist, Erk. 23. Sept.
1882 (E. Civ. VII. 273).
Die Entschädigung für die im Wege der Zwangsenteignung erfolgende Entziehung
eines Bauplatzes ist auch dann, wenn die Baufreiheit desselben zur Zeit des BVer-
langens der Abtretung gemäß §. 11 aufgehoben war, mit Rücksicht auf die Bauplatz-
eigenschaft festzustellen, Erk. 18. Aug. 1882 (E. Civ. VIII. 237).
4) Vorausgesetzt, daß die Versagung der Bauerlaubniß mit dem Gesetze im Ein-
klang steht, Erk. R. G. 21. Mai 1887 (Pr. V. Bl. VIII. 415).
2) Unter neuen Fluchtlinien sind nur die auf Grund dieses Gesetzes vorge-
schriebenen Fluchtlinien zu verstehen, nicht auch die bereits früher durch ältere Be-
bauungspläne festgestellten, Erk. 14. Jan. 1882 (E. Civ. VI. 295). Doch kann die
neue mit einer älteren thatsächlich übereinstimmen, E. Civ. XXIII. 283. Findet die
Bersagung der Bauerlaubniß statt vor endgültiger Feststellung der Linie, jedoch im
Laufe des Festsetzungsverfahrens, nach Auslegung des Bebauungsplanes, so regeln
z## 13, 14 das Entschädigungsverfahren, wenn die später festgesetzte Fluchtlinie die
Bersagung der Bauerlaubniß nöthig macht. Anderenfalls kann volle Schadloshaltung
im Rechtswege verlangt werden. E. Civ. XXI. 212; XXVIII. 275. Das Reichs-
gericht hatte früher (E. Civ. VI. 295) die Verfolgung des Emschädigungsverfahrens
wegen Beschränkung der Baufreiheit im Rechtswege in diesen Fällen allgemein aner-
kannt. Zu dieser Ansicht neigt auch Friedrichs S. 101, da §. 13 keinen Anhalt dafür
biete, daß die Beschränkung mit der ersten Auslegung des Planes eintrete
2) Auch durch Mauern oder Wände umschlossene Schuppen und ähuliche Bau-
werke, nicht aber Zäune, Planken und Scheidewände, Erk. R. G. 11. April 1888
(Pr. B. Bl. IX. 343), Erk. O. V. G. 5. Nov. 1892 (Nr. II. 1101).
4) Nr. 3 handelt nicht von einer Entschädigung wegen Beschränkung der Bau-