1064 Abschnitt XX. Bau- und Feuer-Polizei.
§s. 82. Nähere Bestimmungen über die §g. 78—81 berührten Gegenstände
bleiben den besonderen Polizeigesetzen eines jeden Ortes vorbehalten.
§. 118. Die Raine oder sogenannten Pflugrechte zwischen benachbarten Grund-
stücken werden in der Regel als gemeinschaftliches Eigenthum 1) angesehen.
F. 119. Sie dürfen also von keinem der benachbarten Besitzer, ohne Ein.
willigung der Miteigenthümer, verändert oder geschmälert werden.
s. 120. Auch die Winkel:) oder die Zwischenräume zwischen den Häusern
werden in der Regel für gemeinschaftlich erachtet. «
§. 121. Hat jedoch bisher nur einer der Nachbaren die Traufe dahin fallen
lassen, und nur allein Gossen, Privete oder offene Fenster darin gehabt, so wird ver-
muthet, daß der Zwischenraum ihm eigenthümlich gehöre.
5 122. In einem zwischen zwei Häusern gelegenen Winkel darf auch der,
welchem selbiger eigenthümlich gehört, die Röhre von einem Windofen ohne des
Nachbars Einwilligung nicht führen.
§. 123. Die Anlegung neuer Erker, Altane, Wetterdächer, Dachtraufen und
anderer über die Grenze ragender Bauwerke, ist der Nachbar zu dulden nicht ver-
pflichtet.
§. 124. Wer an seinem Hause Bäume oder Weinreben aupflanzen will, muß
dieselben dergestalt hinter ein Geländer ziehen, daß weder sie selbst noch das Geländer
die Wände der benachbarten Gebäude berühren.
§. 125. Schweineställe, Kloake), Dünger-- und Lohgruben und andere") den
Gebäuden schädliche Anlagen müssen wenigstens drei Fuß rheinländisch von den be-
nachbarten Gebäuden, Mauern und Scheunen entfernt 5) bleiben.
Zu Anmerkung 3 auf S. 1063.
Vertretern die Verpflichtung zur Reinigung der ihrem Gebrauchsrechte unterliegenden
Straße oder eines Theiles derselben auferlegt, steht nicht mit dem Gesetz in Wider-
spruch und ist deshalb rechtsverbindlich, Erk. 20. Mai 1886 (E. K. VI. 282). Den
Eigenthümern der die Straße begrenzenden Wohnhäuser und Gebäude ist dasjenige
Recht der Benutzung der Straße und der ungeschmälerten Kommunikation mit den-
selben, dessen sie ihrer Lage nach bedürftig sind, nicht bloß vergönnungsweise oder
nach administrativem Ermessen zu gewähren, sondern dauernd und mit dem Charakter
eines wohlerworbenen Rechtes, Erk. 10. April 1866 und 22. Dez. 1873 (Str. Arch.
I. NII. 273). Vergl. Anm. zu §. 366 Nr. 10 Str. G. B.
1) Jeder der beiden Miteigenthümer kann dritte Personen vom Gebrauch des
Raines und des darüber führenden Weges ausschließen, Pr. O. Trib. Pr. 541 vom
5. Okt. 1838.
2) Begriff des Winkels vergl. Str. Arch. XVI. 171, E. O. Trib. LXXXIX. 281.
Das Recht zur einseitigen Benutzung eines solchen gemeinschaftlichen Zwischen-
raumes kann auch nicht durch Verjährung mittelst dreißigjährigen Besitzes erworben
werden, Erk. O. Trib. 23. Sept. 1851 (Str. Arch. III. 94).
3) Darunter werden sowohl Gruben zur Ansammlung von Unreinigkeiten, als
auch verdeckte Kanäle zur Ableitung der Unreinigkeiten aus den Gebäuden verstanden.
Diese sind keineswegs schon in den §§. 99 und 100 mit gemeint, vergl. Koch, A.
L. R. Anm, zu §. 125.
4) Z. B. Mist= und feuchte Kalkhaufen, bewegliche Wasserbehälter, Pr. O. Trib.
29. April 1843 (E. IX. 192).
Zu den in §. 125 erwähnten schädlichen Anlagen sind eigentliche Gebäude, auch
wenn sie nur als Stallungen dienen, nicht zu rechnen, Erk. O. Trib. 15. Juli 1856
(Str. Arch. XXII. 133). Lagern von Klafterholz gehört nicht zu den schädlichen
Anlagen im Sinne des §. 125, Erk. 11. Mai 1869 (Str. Arch. I.XXIV. 321),
wohl aber Schweineställe, Erk. O. Trib. 29. Sept. 1868 (Str. Arch. LXXII. 223).
5) Bei Berechnung der Entfernung wird die Stärke der Umfassungsmauer des
Behältnisses (§. 126) mit gemessen, Erk. O. Trib. 9 Febr. 1849 (E. XVII. 114).
Der §. 125 findet nicht Anwendung, wenn die schädliche und die benachtheiligte
Anlage eine gemeinschaftliche Mauer haben, Erk. O. Trib. 15. Juli 1856 (Str. Arch.
XXII. 133).