Abschnitt XXI. Chaussee-Polizei. 1099
II. In polizeilicher Beziehung .
7. Jedermann muß den Posten?) auf den Stoß in das Horn ausweichen, bei
Vermeidung einer Strafe von fünf bis fünfzig Thalern.
8. Fuhrwerke, welche sich begegnen, müssen sich nach der rechten Seite hin halb
ausweichen. Denjenigen, welche einen Berg oder eine steile Anhöhe herunterfahren,
muß jedoch von dem Hinauffahrenden ganz ausgewichen werden.
Von zwei Fuhrwerken, die sich einholen, muß das vordere nach der linken Seite
hin so weit ausbiegen, daß das nachfolgende zur rechten Seite mit halber Spur vor-
beifahren kann.
9. Holz darf auf Chausseen nicht geschleppt, Pflüge, Eggen und ähnliche Gegen-
stände 3) dürfen darauf nur auf Schleifen fortgeschafft werden.
10. Wer, um zu hemmen, das Umdrehen der Räder nicht bloß in seiner
Schnelligkeit vermindern, sondern völlig hindern will, darf sich dazu auf Chausseen
nur der Hemmschuhe mit ebener Unterfläche bedienen. Die Anwendung von Klapper-
Ktöcken, imgleichen das Anhängen und Schleifen schwerer Gegenstände am Hintertheile
des Wagens ist verboten.
11. Die Fahrbahn darf nicht durch Anhalten, oder auf irgend eine andere Weise
gesperrt oder verengt werden!).
Weder auf der Fahrbahn, den Brücken oder den Banquets, noch in den Seiten-
gräben dürfen Gegenstände niedergelegt werden oder liegen bleiben, welche nicht der
Chausseeverwaltung angehören. Eben so wenig dürfen Scherben, Kehricht, Unkraut
oder anderer Unrath hinauf= oder hineingeworfen werden 5).
12. Niemand darf auf der Fahrbahn, den Brücken, den Banquets oder in den
Seitengräben Vieh füttern oder anbinden, oder dasselbe auf den Banqnets, Böschungen
oder in den Seitengräben laufen, oder weiden lassen oder treiben. Es ist verboten,
auf den Banquets, den Böschungen und in den Gräben zu fahren oder zu reiten,
oder auf den Böschungen oder in den Gräben zu gehen?).
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Zu Anmerkung 1 auf S. 1098.
Strecke hin und zurück zu Fuß gegangen), vergl. E. K. X. 229; nicht aber wenn das
Abfahren von der Chaussee vor Berührung der Hebestelle, lediglich in der Absicht der
Benutzung eines kürzeren und bequemeren Weges vorgenommen ist, Erk. 23. Mai
1889 (E. K. IX. 252). Der Rechtsirrthum, nicht verpflichtet zu sein, genügt nicht,
uUm die Strafbarkeit auszuschließen, E. K. III. 219; auch das Zahlen eines geringeren
Betrages, als des tarifmäßigen, macht strafbar, E. K. I. 205.
1) Die zusätzlichen polizeilichen Vorschriften zum Chausseegeld-Tarif vom 29. Febr.
1840 und insbesondere auch Nr. II derselben finden auf die im Zuge einer Chaussee
befindlichen Straßen Anwendung, wenn der Staat die Unterhaltung dieser Strecken
übernommen hat. Durch diese Uebernahme wird in der bisherigen Verpflichtung zur
Unterhaltung der Bürgersteige und Seitenpflaster, sowie zur polizeimäßigen Reinigung
der Straßen nichts verändert, §. 11 der Vd. 16. Juni 1838 (G. S. S. 353), Erk.
O. Trib. 3. Dez. 1874 (E. LXXIV. 386). Die Bürgersteige in den städtischen
Straßen sind Theile der öffentlichen Wege, Erk. 19. April 1882 (E. O. V. VIII. 188).
Vergl. S. 1062 f. Anm. 3.
2) Vergl. §. 366 Nr. 3 Str. G. B.
*) Res. 20. Jan. 1886 (M. Bl. S. 21), betr. Vorsichtsmaßregeln bei dem
Transport von Dampfpflügen auf Chausseen, Res. betr. Straßenlokomotiven 18. Febr.
1864 (M. Bl. S. 53).
!) Das bloße Anhalten ist also nicht strafbar, es muß die Verkehrsbeschrünkung
hinzukommen, E. K. IX. 237.
5) Auch durch unbefugtes Zusammenkehren von Unrath, welcher sich bereits auf
der Chaussee befindet, kann die Nr. II. 11 übertreten werden, Erk. 20. Sept. 1888
(E. K. VIII. 207). .
6) Es kommt nicht darauf an, ob dadurch ein Schade geschieht. Auch die Noth-
wendigkeit, einen an der Straße liegenden Acker zu bestellen und das Fehlen eines
anderen Zuganges macht nicht straffrei, vergl. E. K. XI. 273. Das Befahren der
Banquets ist übrigens auch nach §. 30, 2 Feld- und Forstpolizeiges. 1. April 1880
(G. S. S. 230) strafbar. Auch das Betreten der Chausseegräben behufs Ausübung
der Jagd ist strafbar, E. K. III. 328.