Abschnitt XXII. Eisenbahn-Gesetz. 1107
sich befreien, noch Seitens der Gesellschaft entbunden werden. Für den
Fall, daß die ausgeschriebenen Partial-Zahlungen in Rückstand bleiben,
ist die Bestimmung von Konventionalstrafen, ohne Rücksicht auf die sonst
hinsichtlich deren Höhe gesetzlich bestehenden Beschränkungen, zulässig;
4. nach Einzahlung von 40 Prozent hat die Gesellschaft, wenn der ursprüng-
liche Zeichner der Aktie sein Anrecht auf einen Andern übertragen hat,
die Wahl, ob sie
a) den ursprünglichen Zeichner seiner Verpflichtung entlassen und sich
lediglich an den Cessionar halten, oder
b) der Abtretung ungeachtet, den ursprünglichen Zeichner noch ferner in
Anspruch nehmen will, in welchem Fall die Gesellschaft gegen den
Cessionar keinen Anspruch hat.
Der hierüber von dem Vorstande der Gesellschaft zu fassende Be-
schen ist beim Ausschreiben der nächsten Partial-Zahlungen bekannt zu
machen.
5. Bei jeder folgenden Konzession treten dieselben Bestimmungen ein, welche
unter 4. für die erste gegeben worden sind;
6. wenn nach Einzahlung von 40 Prozent die ferneren Partial-Zahlungen
nicht eingehen, so ist die Gesellschaft berechtigt, entweder
a) den Zahlungspflichtigen weiter in Anspruch zu nehmen,
oder
b) denselben, unter Aufhebung seiner Verpflichtung gegen die Gesellschaft,
des bereits Gezahlten und aller Rechte aus den bisherigen Zahlungen
verlustig zu erklären. Bis zu dem Betrage, mit welchem die auf
diese Weise ausscheidenden Interessenten betheiligt waren, dürfen neue
Aktienzeichnungen zugelassen werden.
§. 3. Das Statut ist zu Unserer landesherrlichen Bestätigung einzureichen;
es muß jedoch zuvor der Bauplan im Wesentlichen festgestellt worden sein.
So lange die Bestätigung nicht erfolgt ist, bestimmen sich die Verhältnisse
der Gesellschaft und ihrer Vertreter nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften
über Gesellschafts= und Mandatsverträge. Mittelst der Bestätigung des Statuts,
welches durch das Amtsblatt 1) zu publiziren ist, werden der Gesellschaft die
Rechte einer Korporation oder einer anonymen Gesellschaft ertheilt).
§. 4. Die Genehmigung der Bahnlinie in ihrer vollständigen Durchführung
durch alle Zwischenpunkte wird dem Minister der öffentlichen Arbeiten vorbe-
halten, ebenso sind die Verhältnisse der Konstruktion, sowohl der Bahn als der
anzuwendenden Fahrzeuge, an diese Genehmigung gebunden?). Alle Vor-
ar ur Begründung der Genehmigung hat die Gesellschaft auf ihre Kosten
zu beschaffen.
g. 56. Die Anlage von Zweigbahnen kann ebenso, wie die von neuen
Eisenbahnen überhaupt nur mit Unserer landesherrlichen Genehmigung statt-
finden.
§. 6. Zur Emission von Aktien über die ursprünglich festgesetzte Zahl
hinaus ist Unsere Genehmigung nothwendig. Die Aufnahme von Gelddar-
lehnen (womit der Kauf auf Credit nicht gleichgestellt werden soll) bedarf der
1) §. 1, 5 Ges. 10. April 1872 (G. S. S. 357).
:) Dagegen ist die Eisenbahngesellschaft nicht Korporation im Sinne von A. L.
K. II. 10 §. 69, Erk. 6. Juni 1877 (E. O. V. II. 175).
:) Normen für Ausrüstung und Konstruktion der Haupt-Eisenbahnen Deutsch-
lands 5. Juli 1892 (R. G. Bl. S. 747). .
Durch die Genehmigung des Ministers wird die Nothwendigkeit der ortspolizei-
lichen Bauerlaubniß zu Hochbauten oder die Ansiedelungsgenehmigung, z. B. bei
einem Bahnwärterhause, nicht beseitigt, Erk. 5. Sept. 1878 und 25. Juni 1879 (E.
O. B. V. 324, 392). Ueber die Unterhaltungspflicht eines in dem landespolizeilich
genehmigten Bauplane vorgesehenen öffentlichen Weges vergl. Erk. 11. Dez. 1883 (C.
O. V. X. 182). Die Genehmigung ist nicht erforderlich bei nothwendig werdenden
baulichen Veränderungen, z. B. bei Erweiterung einer nicht mehr genügenden Unter-
führung, Erk. O. V. G. 31. Jan. 1893 (Eger, Entsch. X. 56).
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