Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XXIII. Berg-Gesetz. 1165 
§. 195. Die Bergbeamten des Staates, deren Frauen und unter väter- 
licher Gewalt stehenden Kinder können im Verwaltungsbezirke der ersteren durch 
Muthung keine Bergwerke oder Kuxe erwerben. 
Zu solchen Erwerbungen durch andere Rechtsgeschäfte unter Lebenden ist 
die Genehmigung des Handelsministers erforderlich. 
Neunter Titel. Von der Bergpolizei. 
Erster Abschnitt. Von dem Erlasse bergpolizeilicher Vorschriften. 
n58 196. Der Bergbau ssteht unter der polizeilichen Aufsicht der Berg- 
behörden. 
Dieselbe erstreckt sich auf 
die Sicherheit der Baue, die Sicherheit des Lebens und der Ge- 
sundheit der Arbeiter, die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des 
Anstandes durch Einrichtung des Betriebes ), den Schutz der Oberfläche 
im Interesse der persönlichen Sicherheit und des öffentlichen Verkehrs, 
den Schutz gegen gemeinschädliche Einwirkungen des Bergbaues. 
Dieser Aufsicht unterliegen auch die in den §§. 58 und 59 erwähnten 
Aufbereitungsanstalten, Dampfkessel und Triebwerke, sowie die Salinen?). 
§. 197. Die Oberbergämter sind befugt, für den ganzen Umfang ihres 
Verwaltungsbezirks oder für einzelne Theile desselben Polizeiverordnungen über 
die im §. 196 bezeichneten Gegenstände zu erlassen. Für solche Betriebe, in 
welchen durch übermässige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit 
der Arbeiter gefährdet wird, können die Oberbergämter Dauer, Beginn und 
Ende der täglichen Arbeitszeit und der zu gewäbrenden Pausen vorschreiben 
und die zur Durchführung dieser Vorschriften erforderlichen Anordnungen 
erlassens). 
Die Verkündigung dieser Verordnungen erfolgt durch das Amtsblatt der 
Reg ierungen, in deren Bezirk dieselbe Gültigkeit erlangen sollen. 
Vor dem Erlass von Polizeiverordnungen, welche sich auf die Sicherheit 
des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter und auf die Aufrechterbaltung 
der guten Sitten und des Anstandes im Betriebe beziehen, ist dem Vorstande 
der betheiligten Berufsgenossenschaft oder Berufsgenossenschaftssektion Gelegen- 
heit zu einer gutachtlichen Aeusserung zu geber. Auf diese finden die Be- 
stimmungen des §S. 79 Abs. 1 des Unfallversicherungs-Gesetzes vom 6. Juli 
1884 (R. G. Bl. S. 69) Anwendung . 
§ 198. Tritt auf einem Bergwerke in Beziehung auf die im §. 196 be- 
zeichneten Gegenstände eine Gefahr ein, so hat das Oberbergamt die geeigneten 
polizeilichen Anordnungen nach Vernehmung des Bergwerksbesitzers oder des 
Repräsentanten durch einen Beschluß zu treffen. 
§. 199. Ist die Gefahr eine dringende?), so hat der Revierbeamte sofort 
und selbst ohne vorgängige Vernehmung des Bergwerksbesitzers oder des Re- 
präsentanten die zur Beseitigung der Gefahr erforderlichen polizeilichen Anord- 
nungen zu treffen, gleichzeitig aber dem Oberbergamte hiervon Anzeige zu 
machen. 
Das Oberbergamt hat die getroffenen Anordnungen durch einen Beschluß 
zu bestätigen oder wieder aufzuheben. Vorher ist die Vernehmung der ge- 
nannten Personen nachzuholen. 
y Art. IV Ges. 24. Juni 1892. 
2) Auch die Grubenbahnen, §§. 50, 51 Kleinbahnges. 28. Juli 1892. 
3) Art. V Ges. 24. Juni 1892. 
) Art. VI. 2 Ges. 24. Juni 1892. 
5) Im Falle einer dringenden Gefahr ist das betreffende Oberbergamt befugt, 
ohne vorgängige Vernehmung des Bergwerksbesitzers oder des Repräsentanten die zur 
Beseitigung der Gefahr ihm erforderlich erscheinenden polizeilichen Anordnungen un- 
mittelbar zu treffen. Mit der Ausführung dieser Anordnungen ist dann sofort zu be- 
ginnen und wird dieselbe auch durch Einlegung des Rekurses. nicht aufgehalten. Da- 
mit der bezügliche Beschluß des Oberbergamts aber diese Wirksamkeit erlangt, ist es 
unerlößlich, daß in demselben die Absicht, dadurch einer dringenden Gefahr im Sinne 
des §5. 199 zu begegnen, ausdrücklich konstatirt werde, Erk. 9. Okt. 1881 (E. K. IV. 314). 
  
 
	        
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