Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Erster Band. (1)

Abschnitt XXIV. Privatflüsse. 1195 
befugt, das ganze Grundstück, oder den betreffenden Theil, dessen Umfang 
der Kreis- (Stadt-) Ausschuss zu bestimmen hat, dem Provokanten eben- 
falls als Eigenthum abzutreten. 
Der Grundeigenthümer, welcher von diesen Rechten (a und b) Gebrauch 
machen will, muß sich darüber in einer präklusivischen Frist von drei Monaten 
nach Mittheilung des Antrages des Unternehmers erklären. 
§. 27. In dem Falle des §. 25 Nr. 2 hat der Besitzer des jenseitigen 
Ufers die Wahl zwischen vollständiger Entschädigung oder der Mitbenutzung 
des aufgestauten Wassers zur Hälfte. Wählt er ersteres oder erklärt er sich 
binnen drei Monaten nicht, so verliert er das Recht auf Mitbenutzung des 
Wassers; wählt er letzteres, so muß er die Hälfte der Kosten des Stauwerkes 
übernehmen. 
§. 28. Wenn ein vom Unternehmer der Bewässerungs-Anlage beabsichtigter 
Rückstau (§. 25 Nr. 3) von der Art ist, daß dadurch die Entwässerungs- 
fähigkeit der oberhalb liegenden Ländereien eines Dritten beeinträchtigt wird, 
so soll bei Beantwortung der Frage, ob ein überwiegendes Landeskultur- 
Interesse bei der Anlage obwaltet, das Interesse der Entwässerung in zweifel- 
haften Fällen über das der Bewässerung gestellt werden. 
§. 29. Wenn in dem Falle des §. 25 Nr. 3 durch die Bewässerungs- 
Anlage die Versumpfung eines fremden Grundstücks veranlaßt wird, so ist der 
Eigenthümer befugt, statt seines Anspruches auf vollständige Entschädigung 
(5. 45) das Eigenthum des ganzen versumpften Grundstücks oder desjenigen 
Theiles, der durch die Versumpfung betroffen wird, dem Unternehmer der An- 
lage abzutreten, welcher dasselbe zu übernehmen verbunden ist. 
§. 30. Anträge zu den im §. 25 bezeichneten Zwecken sind an den Kreis- 
(Stadt-) Ausschuss zu richten. 
§. 31. Die Anträge (§. 30) müssen mit einem Situationsplane, den 
erforderlichen Nivellements und einem sachverständigen Gutachten begleitet sein, 
und zugleich die Erklärung enthalten, daß der Provokant bereit sei, die Kosten 
der von den Behörden für nothwendig erachteten Ermittelungen zu tragen 
und au Verlangen vorzuschießen, ingleichen die Provokaten vollständig zu 
entschädigen. 
S. 32. Behufs Prüfung des Antrages an Ort und Stelle und Vernehmung 
der Betheiligten ernennt der Kreis- (Stadt-) Ausschuss einzelne seiner Mit- 
glieder oder andere Sachverständige, welche das Ergebniss der Erhebung unter 
Beifügung ihres Gutachtens festaustellen haben. 
Demnächst beschliesst der Kreis- (Stadt-) Ausschuss über die Vorfrage, ob 
ein überwiegendes Landeskultur-Interesse obwalte (88. 30—32 des Gesetzes 
vom 28. Februar 1843)10. 
§. 33. Ist auf diese Weise das Vorwalten eines überwiegenden Landes- 
kultur-Interesses festgestellt, so ernennt der Kreis- (Stadt-) Ausschuss endgültig 
Kommissarien, welche unter Mitwirkung des Landraths die einzelnen Gegen- 
stände des Antrages, sowie die dagegen erhobenen Widersprüche prüfen. 
Sen. Wird zu den Wasserleitungen die Benutzung von fremdem Grund 
und Boden verlangt (§5. 25 Nr. 1), so haben die Kommissarien ihre Prüfung 
besonders darauf zu richten: 
ob, und in welcher Ausdehnung die Führung der Wasserleitung über 
den fremden Grund und Boden zu der Anlage nothwendig sei? 
welche Brücken, Ueberfahrten, Einfriedigungen 2c. eingerichtet und 
unterhalten werden müssen, um den Eigenthümer gegen Nachtheile in 
Benutzung des ihm verbleibenden Grundstücks zu sichern? 
§. 35. Wird die Benutzung des jenseitigen Ufers zum Auschluß eines 
Stauwerkes verlangt (§. 25 Nr. 2), so ist der Ort zu ermitteln, welcher dem 
Provokaten am wenigsten nachtheilig und doch zweckentsprechend ist. 
§. 36. Wird eine Beschränkung des Rechts verlangt, welches Besitzern 
von Triebwerken auf Benutzung des Wassers zusteht (§. 25 Nr. 4), so ist zu 
) §. 76 Zust. Ges. Der Beschluß unterliegt der Beschwerde an den Bezirks- 
ausschuß.
	        
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